Dokumentation zu diesem Projekt

Kupfer und Zinn in der zentralasiatischen Steppe: Bronze- bis früheisenzeitliche Rohstoffgewinnung im Altai und seinen umliegenden Gebieten (Ostkasachstan)

Einführung

Der Altai und seine angrenzenden Gebirgsrücken im Grenzraum von Kasachstan, Russland, der Mongolei und China zählen zu den großen Lagerstätten Zentralasiens. Das Gebiet ist bis heute eine kulturelle Kontaktzone zwischen dem ostasiatisch-chinesischen und dem eurasischen Raum. Der vielfältige Austausch wird durch die saisonale Wirtschaftsweise der dort lebenden Nomadengruppen begünstigt, die sich bis heute vor allem in schneereichen Wintern mit ihren Herden in die Gebirgstäler zurückziehen. Besonders im Westaltai und in den umliegenden Gebirgslandschaften ist bis ins 19. Jahrhundert die Gewinnung von metallführenden Rohstoffen durch die Nomaden nachgewiesen.
Die Abbaustellen auf Kupfer, Zinn und Gold im Osten Kasachstans werden von sowjetischen und postsowjetischen Archäologen als wichtige Erzlieferanten der alten Kulturen in der eurasischen Steppe und den benachbarten Regionen eingeordnet, und der westliche Erzaltai gilt als bedeutsam für die Erzversorgung und die Technologieentwicklung weiter Räume der mittel- und zentralasiatischen Steppenzone. Auffällig ist, dass sich eine Intensivierung der Rohstoffgewinnung zu einem Zeitpunkt abzeichnet, als nomadische Wirtschafsweisen mehr und mehr das Leben dieser Räume bestimmten. Erst die zunehmende Mobilität machte die Rohstoffe des Altai für unterschiedliche Gruppen und Räume zugänglich, und es scheint nicht ausgeschlossen, dass die Anfänge für diese Entwicklung während der Frühbronzezeit auch in diesem Lagerstättenraum zu suchen sind.
Während aber in den südlich von Kasachstan gelegenen Regionen zwischen Samarkand und Buchara in Usbekistan und bei Penjikent in Nordwest-Tadjikistan bei unlängst abgeschlossenen montanarchäologischen Projekten Zinnerzbergwerke entdeckt wurden, die in das zweite vorchristliche Jahrtausend datiert werden können, gibt es für den Osten Kasachstans bislang keine modernen Untersuchungen zur Datierung, zur Technologie und zur wirtschaftlichen und kulturellen Verankerung der Rohstoffgewinnung. Es ist daher ein Desiderat der archäologischen Forschung, einen Überblick über den alten Bergbau in den Steppen und Waldsteppen Kasachstans zu erhalten und vor allem zu erfahren, wann das Metall Zinn genutzt und in größerem Stil produziert wurde und wie sehr die für die Herstellung von Bronze unerlässliche Zinnproduktion auf die Kulturdynamik des Großraumes eingewirkt hat. Mit Unterstützung der Gerda Henkel Stiftung hat ein deutsch-kasachisches Forschungsprojekt seine Arbeit aufgenommen, das diesen Fragen in den erzreichen Ausläufern des Altai und des Kalba-Narym-Gebirges ausgehend von den alten Bergwerken nachgehet. Projektpartner sind unter anderem das Archäologische Institut am Ministerium für Bildung und Wissenschaft der Republik Kasachstan und das Deutsche Bergbau-Museum Bochum.
Im Rahmen des Forschungsprojekts werden erstmals seit mehr als 70 Jahren wieder montanarchäologische Forschungen in Ostkasachstan und zum ersten Mal überhaupt bergbauarchäologische Grabungen in dieser Region durchgeführt.

Kampagne 2004

Die erste archäologische Expedition der Projektgruppe fand im Sommer 2004 im Bergbaurevier von Askaraly im kasachischen Delbegetej-Granitmassiv statt. Diese Fundstelle war von den Bochumer Experten schon 2003 bei Vorarbeiten zum Projekt besucht und als viel versprechend eingestuft worden, da sie im Gegensatz zu den meisten anderen alten Gruben des Kalba-Narym-Gebirgszuges nicht durch sowjetische Prospektions- und Abbauaktivitäten in Mitleidenschaft gezogen wurde. Ziel der Expedition war keine vollständige Ergrabung, sondern eine detaillierte geodätische Erfassung sowie die archäologische Untersuchung von Teilen des Geländes mit Sondageschnitten.
Ausgehend von den Prospektionsunterlagen aus den 1970er Jahren konnten die Forscher in Askaraly mehr als hundert Fundpunkte mit alten Pingen oder Schächten festhalten. Bei den Feldbegehungen, die parallel zu den Grabungen durchgeführt wurden, wurden fünf voneinander getrennte Gruppen alter Bergbauspuren kartiert. Askaraly präsentierte sich damit als hervorragender Ausgangspunkt für die Erforschung nicht nur des bronzezeitlichen, sondern vielleicht bereits des Bergbaus zu Beginn des zweiten Jahrtausends, einer Zeit, in der sich Zinnbronzen in dieser Gegend allgemein durchzusetzen begannen. Die Vermessungs- und Kartierungsarbeiten erfassten und bestätigten die riesige Ausdehnung, vor allem aber auch die prähistorische Nutzung des Areals. Die häufig angetroffenen prähistorischen Steingeräte – vor allem Rillenschlägel – sind eindeutig einem bronzezeitlichen Kontext zuzuordnen und datieren wahrscheinlich in das zweite Jahrtausend. Dafür sprechen auch benachbarte Gräbergruppen mit für die Bestattungen der Bronzezeit typischen Steinsetzungen, die teilweise schon ausgegraben bzw. durch die Expedition erst neu aufgefunden wurden. Auch eine Siedlungsschicht oder eine Art Lagerplatz wurde in der Nähe des Bergbaues entdeckt, die Hinweise auf weitere Aktivitäten im Umkreis des Bergbaubetriebes gibt. Es wäre möglich, dass sich an dieser windgeschützten Stelle mit ganzjährlich fließendem Wasser eine größere Siedlung der Bergleute befand, die sonst in saisonalen Lagern in der Nähe der Erzgänge lebten und ihrer Arbeit nachgingen.
Nach Abschluss der ersten Kampagne hat der Projektbearbeiter des Deutschen Bergbau-Museums, Dr. Jan Cierny, in Bochum mit der Aufarbeitung der Grabungsdokumentation (Pläne, Kartierungen) und der Umzeichnung bzw. Computermontage der im Feld dokumentierten Werkzeugfunde begonnen. Der kasachische Projektbearbeiter, Sergej Berdenov, brachte bei einem Forschungsbesuch in Deutschland umfangreiches Probenmaterial mit, das in den Labors des Deutschen Bergbau-Museums analysiert wird.

Kampagne 2005

Nachdem während der ersten Expedition im Sommer 2004 die Gesamtsituation in Askaraly 1 geklärt werden konnte, waren für die Kampagne im Jahr 2005 beträchtliche Ausweitungen der Geländetätigkeit in Kasachstan vorgesehen. Nach den positiven Erfahrungen in 2004 unternahm die Projektgruppe eine vierwöchige Surveykampagne sowie eine zweimonatige Grabungskampagne in Askaraly zwischen Juni und September. Zunächst sollten Untersuchungen an der Fundstelle Bozschakol durchgeführt werden: Geplant waren Bohrungen an Schächten, Vermessungsarbeiten sowie geophysikalische Untersuchungen an einer nahe liegenden Siedlungsstelle der späten Bronzezeit. Außerdem wurden kleinere geophysikalische Messungen an Fundstellen im Erzaltai (Nikolovskoje, Novaja Schulba) sowie Erkundungsfahrten in das Kalba-Narym-Gebirge durchgeführt. Dort sollten alte, bereits in sowjetischer Zeit untersuchte Plätze aufgesucht und auf ihren Aussagewert überprüft werden.

Prospektionen im Gebiet von Novaja Schulba
Im Gebiet von Novaja Schulba, 180 km nordwestlich von Ust-Kamenogorsk, konnte die Grabungsstelle Novoschulbinskoe aus den 1980er Jahren lokalisiert und durch Begehung und Probebohrung weiter erkundet werden. Bei einer geomagnetischen Prospektion ließen sich im Messbild vor allem die Erosionsrinnen von Terrassenkanten auf die Altarmterrasse des Flüsschens Schulbinka sowie vereinzelt auch Grubenbefunde erkennen. Das Team besuchte außerdem zwei weitere Fundstellen der 1980er Jahre: Novaja Schulba IX und X, wo man zu sowjetischer Zeit neben Keramik vereinzelte Schlacken und Kupfererzbrocken gesammelt hatte. In Novaja Schulba IX, am Rand der westlichen, mit Gras bewachsenen Hochterrasse über der Schulbinka, fanden die Forscher darüber hinaus Kupfererz, Klopfsteine und das Bodenfragment eines Tiegels – sichere Hinweise auf eine Erzverarbeitung an diesem Ort. Die Gruppe entschloss sich daraufhin zu einer geophysikalischen Untersuchung und nahm eine geomagnetische Messung vor. Diese erbrachte deutliche Anzeichen von Siedlungsstrukturen sowie zwei Anomalien in der Messfläche, die durch eine Begehung als Schlackenstreuungen identifiziert und damit als „Werkstätten“ im rückwärtigen Teil der Siedlungen interpretiert werden konnten. Eine Sondagegrabung an einer auserodierten Feuerstelle brachte Holzkohle zutage, die auf das frühe dritte Jahrtausend v. Chr. datiert werden konnte. Ob auch die Verhüttungsplätze aus dieser Zeit stammen und somit zu den ältesten ihrer Art in Westsibirien und im östlichen Zentralasien zählen, muss in weiteren Untersuchungen geklärt werden.

Prospektionen und Sondagegrabungen in Kalba-Narym
Im Anschluss an die Arbeiten in Novaja Schulba setzen die Forscher ihre Prospektionen in der Kalba-Narym-Zone fort, einer dem deutschen Mittelgebirge vergleichbaren, jedoch meist waldlosen Hügellandschaft. In diesem Gebiet wurden einige der in sowjetischer Zeit erwähnten prähistorischen Abbaustellen aufgesucht und für spätere Forschungen dokumentiert (Myntschunkur, Karagoin, Achmetkino, Urumchaj). An der Zinnerzlagerstätte von Kalai Topkan in der Nähe der ehemaligen Bergbauansiedlung Belaja Gora entschloss sich das Team zu einer archäologischen Sondagegrabung, bei der zwei der untertägig angelegten Gruben näher untersucht wurden. Da in der ersten Grube weder die Sohle lokalisiert noch Funde gemacht werden konnten, wurde die Grabung nach einer fotografischen und zeichnerischen Dokumentation beendet. In der zweiten Grube legte die Gruppe die Sohle frei und stellte einen Klopfstein, einen Steinhammer sowie Holzkohle sicher, die eine Datierung in die Spätbronzezeit (zweite Hälfte des zweiten Jahrtausends v. Chr.) erlaubte.

Prospektionen in Bozschakol
Die Fundstelle Bozschakol gehört zu den letzten großen Kupferlagerstätten in Kasachstan, die noch nicht vollständig abgebaut wurden und daher eine Reihe alter Bergbauspuren aufweisen. Mehrere grob zugeschlagene Steinhämmer und Aufbereitungsbereiche mit kleingeklopften Erzen und Ganggestein lassen ein prähistorisches Alter vermuten. Ein Teil der ausgedehnten Pingenfelder ist allerdings durch den ausgedehnten Explorationsbergbau der 1990er Jahre sowie durch ältere Gewinnungsphasen in der stalinistischen Ära zerstört worden. 2003 wurde eine Siedlungsstelle entdeckt, die durch große Fundmengen auffiel und nun im Zuge einer neuerlichen Prospektion näher erforscht werden sollte. Die Arbeiten konzentrierten sich zunächst auf die geomagnetische Untersuchung der westlich der Pingenfelder gelegenen Siedlungsfläche, die prähistorische Befunde (Grubenhäuser, Gruben und Gräben) zutage brachte. Ein Sondageschnitt in einem der Gräben legte weiteres Fundmaterial frei, das wahrscheinlich der spätbronze- bis früheisenzeitlichen Begazy-Dandybaj-Kultur zugewiesen werden kann und damit auch einen Hinweis auf die Datierung der benachbarten Bergbauaktivitäten bietet. Darüber hinaus kartierten und prospektierten die Forscher einen Teil des umfangreichen Pingenfeldes und fanden Anzeichen für unterschiedliche Explorationstätigkeiten und prähistorische Gewinnungsarbeiten.

Ausgrabungen in Askaraly
Das 2004 entdeckte kleine prähistorische Gräberfeld Tschernogorka, das Pingenfeld von Askaraly II sowie die Fortsetzung der Arbeiten in Askaraly I standen im Mittelpunkt der Ausgrabungskampagne des Sommers 2005. Zusätzlich zu den 2004 als drei sichtbare Steinkreise entdeckten Gräbern konnten in Tschernogorka nach einer erneuten sorgfältigen Begehung weitere sechs Gräber gefunden werden. Das Team verzichtete aus zeitlichen Gründen auf eine großflächige Bodenabtragung im gesamten Bereich des Gräberfelds uns konzentrierte sich auf die Ausgrabung und Dokumentation von zwei Steinkreisen. Im ersten Grab (elliptischer Steinkreis von 4 x 3,5 m) befand sich eine offensichtlich bereits früher geöffnete Steinkiste mit menschlichen Skelettteilen, Keramikscherben und einem Metallring. In dem etwas größeren zweiten Grab entdeckten die Forscher drei ebenfalls geöffnete Steinkisten. Neben Keramikscherben, Metallringfragmenten und Skelettteilen enthielt eine der Kisten drei Steinschlägel, eine weitere konnte als Frauengrab aus der Andronovo-Kultur identifiziert werden. Der Fund der Steinschlägel spricht dafür, dass es sich bei dem Gräberfeld um den ersten Bergleutefriedhof Eurasiens handelt, in dem das Werkzeug als Beigabe den Berufsstand der Toten charakterisierte. Die Ergebnisse aus Tschernogorka sind auch für die Datierung der benachbarten Bergbauaktivitäten in Askaraly von Bedeutung: Da der Zusammenhang zwischen Gräbern und Bergbau durch den Fund der Werkzeuge gesichert ist, ist auch für die Gruben eine Datierung in die Andronovo-Kultur wahrscheinlich.
Neben dem Gräberfeld konzentrierten sich die Forscher auf die bereits 2004 bearbeitete Fundstelle Askaraly I sowie auf die bei der ersten Kampagne entdeckten Pingen in Askaraly II. In Askaraly I beendete die Gruppe die Arbeiten zur topographischen Vermessung der Oberfläche und begann an mehreren Stellen mit der Ausgrabung. In der zentralen Pingengruppe wurden weitere Schnitte angelegt und der Verlauf einer langen Pinge weitgehend freigelegt. In Askaraly II stießen die Forscher bei der Untersuchung von zwei Pingen auf Spuren von Holzkohle, die noch in den Labors des Bergbaumuseums in Bochum analysiert werden müssen.

Kampagne 2006

Während des ersten von der Stiftung geförderten Projektabschnitts in den Jahren 2004 und 2005 konnte das deutsch-kasachische Forscherteam eindeutig nachweisen, dass im östlichen Kasachstan im dritten und zweiten Jahrtausend v. Chr. Kupfer und Zinn produziert wurden. Der Fundort Askaraly bot sogar die Möglichkeit, zu den ältesten Gewinnungsphasen am Ende des dritten und im frühen zweiten Jahrtausend v. Chr. vorzustoßen.

Ziel der zweiten Projektphase (2006/2007) war es, die Feldarbeit an den interessantesten Plätzen zu intensivieren und die bisherigen Ergebnisse unter anderem durch Provenienzstudien an Metallobjekten abzurunden. Im Zentrum standen die Siedlungen und Verhüttungsplätze östlich des Irtysch sowie der Bergleutefriedhof und die zugehörigen Grubenbaue bei Askaraly. Die großflächige Anwendung geophysikalischer Prospektionsmethoden sollte dazu beitragen, wirtschaftsarchäologisch bedeutsame Fundstellen im Umfeld der alten Bergbaue aufzufinden. Im Mittelpunkt stand die Etablierung einer gut geschulten eigenständigen kasachischen Geophysik-Gruppe, die in einem Flächenland wie Kasachstan von größter Bedeutung für die archäologische Feldforschung ist. Während der Kampagne 2006 wurden mehrere junge kasachische Wissenschaftler im Umgang mit dem mit Unterstützung der Stiftung angeschafften Ferex-Magnetometer geschult.

Novaja Schulba
Zu den Zielen der Feldkampagne 2006 gehörte die weitere archäologische Untersuchung der Fundstelle Novaja Schulba IX, da sich hier schon während der Prospektion die besten Ergebnisse für die Entdeckung archäometallurgischer Befunde ergeben hatten. Im Rahmen einer dreiwöchigen Kampagne wurde eine der dort vorhandenen Verhüttungsstellen ausgegraben. Neben zahlreichen Schlacken und keramischen Begleitfunden aus dem frühen zweiten Jahrtausend v. Chr. wurde u. a. eine Grube mit Holzkohle samt großem Verhüttungstiegel entdeckt. Nach Abschluss der Grabung in Novaja Schulba konnte mit Hilfe des Museums in Ust-Kamenogorsk die Hauptkampagne in Askaraly vorbereitet werden.

Askaraly
Die Grabungen im Bergbau von Askaraly II ergaben, dass das Feuersetzen an diesem Ort als wichtige Vortriebstechnik genutzt wurde. Erstmals konnte dabei ein kleinerer Abbau fast vollständig untersucht werden.
Im Gräberfeld gingen die Grabungsarbeiten wegen des steinharten Bodens nur mühsam voran, die Forscher öffneten aber nochmals zwei Kurgane. Einer von ihnen beinhaltete drei Steinkisten: Es zeigte sich, dass es sich bei allen drei Bestattungen um Brandgräber mit Leichenbrandschüttungen handelte.
Im Rahmen der Siedlungsgrabung in Askaraly entdeckten die Forscher die Grundmauern eines Andronovo-Hauses, das auf einer Fläche von etwa 10x10 Metern ausgegraben werden konnte. Keramikfunde, Schlägel und Knochen bestätigten auch dort den Zusammenhang mit dem Bergbau.
Entscheidender noch war aber die Erkenntnis, dass es sich bei Askaraly II um einen zentralen Kleinraum handelt, eine Art Talkessel, der sich durch Wasser und windgeschützte Lage besonders als Siedlung eignete. Von hier aus könnten beispielsweise die reichen Rohstofflager des Umfelds genutzt worden sein, was auch die verschiedenen, gemeinsam mit den kasachischen Kollegen durchgeführten Prospektionsarbeiten bestätigten.

Kampagne 2008

Die Grabungskampagne 2008 konzentrierte sich auf das Zinnrevier von Askaraly, das sich bei den bisherigen Forschungen als ein Schwerpunkt herausgestellt hat. Im Verlauf des Projekts konnte bereits nachgewiesen werden, dass Askaraly während des zweiten Jahrtausends v. Chr. ein regelrechtes Montanrevier war und der Zinnbergbau nicht nur im Umfeld, sondern auch nahe der Lagerstätten zu Ansiedlungen, der Anlage von Gräberfeldern und möglicherweise zu Dauerbesiedlung geführt hat. Im weiteren Verlauf der Arbeiten sollten die Geländeforschungen um dieses offensichtlich herausragende Ensemble verdichtet und zu einem (vorläufigen) Abschluss gebracht werden. Gemeinsam mit Prof. Dr. Rainer Herd, BTU Cottbus, wurde in 2008 zudem eine einwöchige, auf den alten Bergbau und seine Strukturen ausgerichtete geophysikalische Prospektionskampagne durchgeführt.

Spektakulär für die Arbeiten in 2008 in Askaraly war eine mit der letzten Betriebszeit zu verbindende Abraumschicht in der Westpinge, die durch gute Holzerhaltung und einen hohen Anteil von Holzkohlen (Feuersetzen) auffiel. Das Wissenschaftler-Team fand den Rest einer Feuersetzbühne und vor allem – einzigartig für die zentralasiatische Archäologie –eine weitgehend vollständige Steinschlägelschäftung vor, die exakt auf die im Grubenbau verwendeten Steinschlägel passt.

Auf dem Bergleutefriedhof von Mastau Baj konnte der Bezug zum Zinnbergbau ebenfalls durch den Fund von weiteren Steinschlägeldeponierungen im Umfeld der Gräber gefestigt werden. Die aufwändige Ausgrabung bis an die Unterkante der Steinsetzungen führte zu neuartigen Befunden, u. a. kleine Steinkisten mit Kindergräbern seitlich an den Steinkreisen. Die drei 2006 entdeckten Grabanlagen wurden vollständig untersucht. Einige der beigabenreichen Gräber schienen beraubt, ein Spiralenden-Armband und eine Perle aus Buntmetall bestätigten aber die Datierung in die Andronovo-Fedorovka-Kultur. Besonders interessant war die Entdeckung einer rechteckigen Steinsetzung mit Pfostengrube im Inneren, die offensichtlich als Kultanlage zu interpretieren ist.

Das Projekt wurde nach vier Grabungsjahren zu einem (vorläufigen) Ende gebracht. Die Ergebnisse sollen in Form einer Monographie in den Beiheften zur Zeitschrift „Der Anschnitt“ veröffentlicht werden.

Fördermaßnahmen

Die Gerda Henkel Stiftung hat den ersten Projektabschnitt für zwei Jahre mit Fördermitteln zur Durchführung von drei Grabungskampagnen in Kasachstan sowie zur Übernahme von Personal-, Reise- und Sachkosten in einer Gesamthöhe von rund 121.000 Euro unterstützt.

Für den zweiten Projektabschnitt wurden Fördermittel in Höhe von rund 75.000 Euro zur Durchführung einer weiteren Grabungskampagne sowie zur Übernahme von Personal-, Reise- und Sachkosten zugesagt. Im Rahmen der Weiterbildung der kasachischen Mitarbeiter in den Bereichen „Montanarchäologie/Archäometallurgie“ sowie „geophysikalische Prospektionsmethoden in der Archäologie“ wurde in Kasachstan die Grundausstattung einer geomagnetischen Messapparatur angeschafft.

Im Jahr 2008 hat die Stiftung erneut Fördermittel in Höhe von 60.000 Euro zur Durchführung einer abschließenden Kampagne in Kasachstan zur Verfügung gestellt.

Organisation

Das deutsch-kasachische Forschungsprojekt ist am Deutschen Bergbau-Museum in Bochum angesiedelt. Das Konzept wurde in enger Zusammenarbeit von deutschen und kasachischen Wissenschaftlern vorbereitet, die Grabungen werden von einem deutsch-kasachischen Team durchgeführt. Teil des Projekts sind auch mehrere Forschungsaufenthalte des kasachischen Projektbearbeiters, Sergej Berdenov, Dipl.Arch., in Bochum, bei denen dieser sich unter anderem mit den Grundlagen moderner naturwissenschaftlicher Analytik vertraut gemacht hat.


Projektleitung:
Prof. Dr. Thomas Stöllner
Deutsches Bergbau-Museum, Bochum
Ruhr-Universität Bochum

zusätzlich für die Kampagne 2008:
Prof. Dr. Rainer Herd
BTU Cottbus

Kooperationspartner:
Deutsches Archäologisches Institut, Sibirienforschung und Eurasienabteilung
Archäologisches Institut am Ministerium für Bildung und Wissenschaft der Republik Kasachstan
Regionalmuseen Pavlodar und Ust-Kamenogorsk
Universität Pavlodar


Projektbearbeiter:
Dr. Oleksandr Gorelik
Dr. Jan Cierny (†)
Sergej Berdenov, Dipl.Arch. (†)
Viktor Merz

Dieses Projekt wurde zuletzt 2008 dokumentiert.