Dokumentation zu diesem Projekt

Sicherung der aus Timbuktu/Mali geborgenen Manuskript-Bestände

Einführung

Die Stadt Timbuktu im westafrikanischen Mali war bereits im 12. Jahrhundert n. Chr. eine wichtige Handelsstadt und entwickelte sich spätestens seit dem 14. Jahrhundert als Knotenpunkt mehrerer wichtiger Handelsrouten zu einem für den gesamten afrikanischen Kontinent bedeutsamen Zentrum. Im 15. Jahrhundert wurde Timbuktu darüber hinaus zu einem namhaften Wissenschaftsstandort, der viele Gelehrte aus dem islamischen Maghreb und den südlich der Sahara gelegenen Regionen anzog. Die große Bedeutung der Stadt über die Jahrhunderte hinweg spiegelt sich in einem immensen Bestand an naturwissenschaftlichen, philosophischen und theologischen Schriften, die seit dem neunten Jahrhundert in Arabisch sowie in subsaharischen Sprachen verfasst wurden. Die in rund 35 privaten Bibliotheken sowie dem staatlichen Ahmed-Baba-Institut in Timbuktu aufbewahrten Manuskripte sind wichtige Quellen für die Kulturgeschichte der gesamten Region und von höchster Bedeutung für die schriftliche Überlieferung der westafrikanischen Geschichte.

Als im Frühjahr 2012 islamistische Gruppierungen die nördlichen Teile Malis besetzten, war der gesamte Bestand der zum UNESCO-Welterbe gehörenden Manuskripte von der Zerstörung bedroht. Im Rahmen einer acht Monate andauernden, vom Direktor der privaten Bibliothèque Mamma Haïdara in Timbuktu Dr. Abdel Kader Haïdara geleiteten Rettungsaktion konnten ca. 285.000 Manuskripte, d. h. etwa 95% des Gesamtbestandes, aus dem von kriegerischen Auseinandersetzungen erschütterten Timbuktu in die über 700 km entfernte Hauptstadt Bamako gebracht werden. Nicht nur der schwierige Transport und die provisorische Lagerung in ca. 2.400 Metallkisten bedrohen nun den Zustand der Handschriften. Auch das vom trockenen Wüstenklima Timbuktus abweichende, von einer mehrmonatigen Regenzeit und generell hoher Luftfeuchtigkeit geprägte Klima in Bamako schadet den Manuskripten. Während ca. 60% der Dokumente in einem stabilen Zustand sind, weisen 20% stärkere Schäden auf, weitere 20% gelten als äußerst fragil. Es drohen Schimmel und andere Abbauprozesse im Papier.

Ziel des Forschungsprojekts

Ziel eines Kooperationsvorhabens des Auswärtigen Amts, weiterer internationaler staatlicher und privater Förderpartner sowie der Gerda Henkel Stiftung ist es, die in Bamako lagernden Manuskripte zu sichern, zu digitalisieren und zu restaurieren und sie damit langfristig der malischen und internationalen Forschung zugänglich zu machen. Eine Gruppe von Experten der von Dr. Haïdara geleiteten Bibliothèque Mamma Haïdara und des Sonderforschungsbereichs 950 „Manuskriptkulturen in Asien, Afrika und Europa“ der Universität Hamburg unter Leitung von Prof. Dr. Michael Friedrich hat im Berichtsjahr zu diesem Zweck Umfang und Zustand der Manuskript-Bestände untersucht. Die Restauratorin und Papierspezialistin Eva Brozowsky führt auf dieser Grundlage im Rahmen eines auf zwölf Monate angelegten Projekts in Bamako Sofortmaßnahmen wie Luftentfeuchtung und die Gewährleistung eines konstanten Klimas durch und bildet malische Mitarbeiter aus. Der Westafrikaforscher Dr. Dmitry Bondarev begleitet das Projekt in fachlicher Hinsicht und wird nach den Sicherungsmaßnahmen in Zusammenarbeit mit malischen Kollegen die Digitalisierung, Katalogisierung und wissenschaftliche Erschließung der Manuskripte betreiben. Finanziert vom Land Luxemburg wird zurzeit ein Haus in Bamako ausgebaut, eingerichtet und mit einer Restaurierungswerkstatt ausgestattet. Damit soll in der malischen Hauptstadt ein modernes Zentrum für Erhaltung, Restaurierung und Forschung entstehen, in dem die Manuskripte unter guten äußeren Bedingungen so lange lagern, bis über eine eventuelle Rückführung nach Timbuktu entschieden werden kann.

Fördermaßnahmen

Die Gerda Henkel Stiftung unterstützt das Forschungsprojekt in Kooperation mit dem Auswärtigen Amt und weiteren internationalen Partnern durch die Gewährung von Fördermitteln zur Übernahme von Reise-, Sach- und Personalkosten.

Reportage im Kulturmagazin „Metropolis“ von arte

Das europäische Kulturmagazin „Metropolis“ des Fernsehsenders ARTE berichtete am 01. November 2015 über die Rettung der Handschriften aus Timbuktu. Der Filmausschnitt kombiniert Sequenzen aus der Video-Reihe des Wissenschaftsportals L.I.S.A. der Gerda Henkel Stiftung mit weiterem Filmmaterial.

40 Jahre - 40 Projekte

Dieses Projekt war Teil der Jubiläumssseite zum 40-jährigen Bestehen der Gerda Henkel Stiftung.

Dieses Projekt wurde April 2014 dokumentiert.