Dokumentation zu diesem Projekt

Global Refugee Protection and Local Refugee Engagement. Scope and Limits of the Agency of Refugee-led Community-based NGOs

Einführung

Während die Zahl von Asylsuchenden in europäischen Ländern aktuell steigt, befindet sich die überwiegende Mehrheit der Flüchtlinge weltweit nach wie vor außerhalb Europas und in Entwicklungsländern des Globalen Südens. Zwar ist die jeweilige Verwaltung in Asyl- und Aufnahmeländern für den Schutz und somit für die Sicherheit von Flüchtlingen verantwortlich, jedoch sind sie in Flüchtlingslagern und urbanen Kontexten häufig schlechten Lebensbedingungen, weitreichenden Restriktionen und unterschiedlichen Gewaltformen ausgesetzt. Insbesondere mit Blick auf den Globalen Süden wurden Flüchtlinge in den vergangenen Jahrzehnten im wissenschaftlichen und öffentlichen Diskurs hauptsächlich als passive und homogene Opfer dargestellt, die auf Schutz und Hilfe angewiesen zu sein scheinen. Dabei blieben aber soziale, kulturelle, wirtschaftliche und politische Interessen und Hintergründe der Flüchtlinge häufig unbeachtet. Diese Sichtweise vernachlässigt zudem sowohl die Handlungsfähigkeit von Flüchtlingen als auch ihre Bemühungen, sich über den institutionellen Flüchtlingsschutz hinaus für die eigene Sicherheit einzusetzen.

Ziel eines Forschungsprojekts unter der Leitung von Dr. Ulrike Krause ist es zu untersuchen, wie sich Flüchtlinge eigenständig zusammenschließen und mit Hilfe von gemeindebasierten Organisationen (Community based NGO – CBO) zu ihrem eigenen Schutz beitragen. Grundsätzlich scheinen diese in der Forschung bislang wenig beachteten Gruppen zu spezifischen Zwecken eingesetzt zu werden, beispielsweise Frauengruppen für eine gegenseitige Unterstützung, Stammesälteste für lokale Konfliktbearbeitung und Kollektive für Erwachsenenbildung. Diese Praktiken stehen in starkem Kontrast zu der den Flüchtlingen üblicherweise zugeschriebenen Passivität und Hilfslosigkeit. Vor diesem Hintergrund wird untersucht, inwiefern selbstorganisierte flüchtlingsgeführte Gruppen die Kompetenz haben, an jenen Stellen anzusetzen, an denen der Flüchtlingsschutz keine ausreichende Sicherheit gewährt. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, wie und warum sich Flüchtlinge formieren und welche Möglichkeiten und Grenzen flüchtlingsgeführte Gruppen haben, ihre Sicherheitslage in Lagern und urbanen Kontexten zu beeinflussen. Daher ist die Analyse von Bewältigungsstrategien und Resilienzprozessen von Flüchtlingen im Projekt zentral.

Im Rahmen des Projekts wird die Gruppe zwei empirische Fallstudien mit Flüchtlingen in Uganda durchführen. In Uganda leben seit Jahrzehnten Flüchtlinge, die mehrheitlich aus den konfliktgeprägten Nachbarländern wie der Demokratischen Republik Kongo, Südsudan, Ruanda und Burundi kommen. Während die Zahl von den 1990er Jahren bis 2005 zunahm, wurden anschließend viele Flüchtlinge vor allem durch Repatriierungsprogramme in ihre Herkunftsländer zurückgeführt, was bis 2011 zu einer Abnahme der Flüchtlingszahlen beitrug. Aktuell und insbesondere seit 2014 ist jedoch aufgrund anhaltender und wiederaufflammender Konflikte in den Nachbarländern ein Anstieg zu verzeichnen. Laut UNHCR befanden sich im Dezember 2015 512.966 Flüchtlinge und Asylsuchende in Uganda, wovon offiziell 86 Prozent in Flüchtlingslagern und 14 Prozent in urbanen Zentren lebten. In Uganda sollen Flüchtlinge nach geltendem Recht in Lagern untergebracht werden. Die Realität zeigt allerdings, dass viele zwar dort registriert sind, aber entweder wiederkehrend in urbane Zentren reisen und mehrere Wochen dort bleiben oder längerfristig in Städten leben. Die meisten Flüchtlingslager in Uganda wurden in den 1980er Jahren etabliert, und Flüchtlinge bleiben teilweise jahrzehntelang dort.

Im Verlauf des Forschungsprojekts wird ein Promovend in einem Flüchtlingslager und Dr. Krause in der Hauptstadt Kampala Feldforschung durchführen. In beiden Kontexten wird den Fragen nachgegangen, mit welchen Herausforderungen, Restriktionen und Gefahren Flüchtlinge jeweils konfrontiert sind und wie sie unterschiedliche gemeindebasierte Gruppen bilden, um zu ihrem Schutz beizutragen.

Fördermaßnahmen

Die Gerda Henkel Stiftung unterstützt das Forschungsprojekt durch die Gewährung eines Promotions- und eines Forschungsstipendiums sowie mit Fördermitteln zur Übernahme von Reise- und Sachkosten.

Projektleitung

Dr. Ulrike Krause
Philipps-Universität Marburg, Zentrum für Konfliktforschung

Dieses Projekt wurde im März 2016 dokumentiert.