Dokumentation zu diesem Projekt

Ausgrabungen in Alt-Paphos auf Zypern

Einführung

Paphos auf der Insel Zypern war in der antiken Welt weithin bekannt als wichtigste Stätte des Aphrodite-Kults. Die Küste im Südwesten der Insel galt den Griechen als Geburtsort der griechischen Liebesgöttin – hier soll die „Schaumgeborene“ erstmals an Land getreten sein. Das ihr gewidmete Heiligtum mit seinem prächtigen Tempel und ausschweifenden Ritualen lockte Pilger und Reisende aus Ost und West an. Tatsächlich lässt sich der Fruchtbarkeitskult in Paphos bis in die späte Bronzezeit zurückdatieren. Die Griechen übernahmen bei ihrer Ankunft auf der Insel um 1200 v. Chr. offenbar Teile dieses Kultes für ihre eigene Mythologie. Über 1600 Jahre war die Insel fortan aufs Engste mit der Fruchtbarkeitsgöttin verknüpft, was der Stadt Paphos Wohlstand und Bekanntheit brachte. Die Verbreitung des Christentums im vierten Jahrhundert n. Chr. läutete schließlich das Ende der Aphrodite-Verehrung ein. Erst im 12. Jahrhundert sollte Paphos, nun unter dem Namen Kouklia, eine zweite Blütezeit erleben – diesmal allerdings als Produktionsstätte von Rohrzucker und anderer Waren.

Heute finden sich vom Heiligtum der Aphrodite und den anderen historischen Stätten lediglich Überreste und Grundmauern. Seit 1966 erforschte Prof. Dr. Franz Georg Maier das Gelände von Alt-Paphos im Auftrag des Deutschen Archäologischen Instituts, unterstützt durch die Universitäten Konstanz (1966-1972) und Zürich (ab 1972). Mit Hilfe der Förderung durch die Gerda Henkel Stiftung begann Professor Maier Ende der 1970er Jahre damit, neue Ausgrabungen durchzuführen, um tiefer in die 5000-jährige Geschichte dieses Ortes vorzudringen.

Das wohl bekannteste Ziel der Untersuchung war das Heiligtum der Aphrodite, das immer noch zahlreiche Touristen anzieht. Bis heute sind hier die Grundmauern und Säulenreste erhalten. Während der erste monumentale Tempel aus der Spätbronzezeit vermutlich um 76 n. Chr. durch Erdbeben zerstört wurde, errichteten die Römer einen neuen, nicht minder eindrucksvollen Bau in unmittelbarer Nähe. Auf dem Gelände erkundeten die Forscher nicht nur die Tempelüberreste, sondern auch zahlreiche Artefakte, die Hinweise auf die Nutzung des Heiligtums geben. Hier fanden sich beispielsweise spätbronzezeitliche Figuren, die auf die namenlose „Vorfahrin“ der Aphrodite verweisen. Nahe des Heiligtums brachten die Grabungen zudem römische Gebäude mit zum Teil gut erhaltenen Mosaikböden zum Vorschein.

Einen weiteren Grabungsort bildeten das Nordosttor der Stadtmauer und die in unmittelbarer Nähe entdeckte Belagerungsrampe, die Paphos‘ wechselvolle Geschichte veranschaulichen. Die Baugeschichte des Tores und des anschließenden Teils der Stadtmauer lassen sich seit ihrer Konstruktion im achten Jahrhundert v. Chr. über mehr als 400 Jahre präzise verfolgen. Die Grabungen an Stadttor und Sturmrampe sind dank des relativ genau datierbaren archäologischen Befundes und der nachzuweisenden umfangreichen Belagerungsoperationen historisch eindeutig einzuordnen, auch wenn die Geschichte der Stadt in archaischer und klassischer Zeit nur höchst bruchstückhaft überliefert ist. So lässt die Beurteilung der Funde auf die Belagerung von Alt-Paphos durch die Perser im Jahr 498/7 v. Chr. schließen, auf die Herodot in einem kurzen Satz hinweist: „die Städte Cyperns mit Ausnahme von Salamis wurden belagert ... unter ihnen hielt Soloi am längsten aus; es fiel erst im fünften Monat, nachdem die Perser die Mauern ringsherum unterminiert hatten“ (5. 115).

Detailuntersuchungen der Bauschichten und der komplizierten Minierarbeiten mit Stollen und Sappen, der Fund eines gut erhaltenen korinthischen Bronzehelmes sowie zahlreicher Pfeil- und Wurfspeerspitzen neben beachtlicher Mengen runder Steingeschosse geben mit überraschender Präzision ein detailliertes Bild der Kampfhandlungen vor den Toren der Stadt. Die Ausgrabung des Tores zeigte, dass die persischen Angreifer sich durch die enge Torgasse unter dem Kreuzfeuer der Verteidiger vorkämpften, die hölzernen Torverschlüsse aufbrachen und verbrannten. Archäologie unterstützt hier Geschichte. Verlauf und Ereignis sind nicht im Buch, sondern in der Erde überliefert.

Einen Blick in die zweite Blütezeit der Stadt im späten Mittelalter erhielten die Forscher durch die Untersuchung der Rohrzuckeranlagen und -raffinerien, die in der Zeit der Lusignan im 13. Jahrhundert entstanden. Überreste dieser neuen Erschließung des Ortes fanden sich unter anderem auf dem Gelände des Heiligtums, das offenbar ebenfalls für die Fertigung genutzt wurde. Unweit des ehemaligen Tempels fand man zudem eine der wenigen historischen Rohrzuckerraffinerien des Mittelmeerraums und des Nahen Ostens, bei der noch alle funktionellen Bestandteile erhalten waren. Die Raffinerie erlaubte daher einen ebenso seltenen wie detaillierten Einblick in die technischen Aspekte der Verarbeitung und gilt als frühester Beleg für ein zweischrittiges Mahlverfahren. Der Erforschung der mittelalterlichen Anlage, die bis ins späte 16. Jahrhundert genutzt wurde, widmete sich Dr. Marie-Louise von Wartburg Maier von der Universität Zürich. Durch ihre Untersuchung ließen sich neue Erkenntnisse über die mittelalterlichen Verarbeitungstechniken gewinnen und damit auch jüngere Abschnitte der Geschichte von Paphos erschließen.

40 Jahre - 40 Projekte

Dieses Projekt war Teil der Jubiläumssseite zum 40-jährigen Bestehen der Gerda Henkel Stiftung und wurde im Jahr 2015 dokumentiert.

Bildnachweise

Alle Abbildungen stammen aus dem Alt-Paphos Projekt der Universität Zürich, sofern nicht anders angegeben.