Dokumentation zu diesem Projekt

Seafaring, Trade, and Knowledge Transfer: Maritime Politics and Commerce in Early Middle Period to Early Modern China

Einführung

Die maritime Geschichte Chinas war in den letzten Jahrzehnten Gegenstand vieler wissenschaftlicher Untersuchungen, auch im Westen. Die daraus entstandenen Studien konzentrieren sich meist auf spezifische Zeitperioden (Dynastien) oder Regionen (beispielsweise die Küstenprovinzen Guangdong und Fujian), auf bilaterale Beziehungen und auf entweder schriftliche oder archäologische Quellen. Bislang wurde jedoch noch kein Versuch unternommen, die Perioden entscheidender Umbrüche zwischen den Dynastien und die Interaktion zwischen Privathändlern und staatlichen Interessen sowie zwischen chinesischen und ausländischen Akteuren gleichermaßen zu untersuchen, die Entwicklung in Nordostchina mit der in Südostchina über einen längeren Zeitraum hinweg zu vergleichen und dabei sowohl archäologische als auch schriftliche Quellen mit einzubeziehen. Auch die Frage, wie chinesische und ausländische Akteure praktisch in Kontakt traten und miteinander umgingen, hat bisher wenig Aufmerksamkeit erhalten.

Forschungsvorhaben

Im Mittelpunkt eines Forschungsprojekts unter der Leitung von Prof. Dr. Angela Schottenhammer stehen die qualitativen Veränderungen des maritimen Handels und der Außenpolitik Nordost- und Südostchinas vom neunten bis ins frühe 18. Jahrhundert. Ausgehend von einer vergleichenden chronologischen, räumlichen und integrativen Perspektive sollen die Praxis von Handel und Wissenstransfer auf lokaler Ebene, die Beziehung zwischen Seefahrt und sozio-ökonomischen wie politisch-militärischen Zielen der chinesischen Regierungen sowie deren Integration in überregionale, ausländische Netzwerke in vier Perioden bedeutender Umbrüche untersucht werden. Methodisch folgt die an den Universitäten Salzburg und Gent angesiedelte Forschergruppe dem so genannten bottom-up-Modell: Im Rahmen von sechs Einzelstudien sollen zunächst jeweils unterschiedliche Zeitperioden und Aspekte von Chinas maritimer Geschichte auf der Mikroebene untersucht und anschließend in den makro- und gobalhistorischen Kontext integriert werden. Prof. Schottenhammer und Dr. Li Man konzentrieren sich auf die Tang-Song-Transition, während derer es für die Zeit der Südlichen Han beispielsweise Lokalbeschreibungen, (Grab-)Inschriften, Gräber, Genealogien, Schiffswracks mit Fracht sowie persönliche und offizielle Aufzeichnungen gibt. Der Unterwasserarchäologe Dr. Kimura Jun untersucht zwei Fundstätten der Tang-Song bzw. Song-Yuan-Transition – zum einen Relikte zweier militärischer Invasionen Nordvietnams durch Chinesen im 10. und im 13. Jahrhundert, zum anderen die Überreste der im 13. Jahrhundert gesunkenen Flotte Khubilai Khans (reg. 1260–1294) vor den Küsten Südjapans. Ma Guang analysiert die Entwicklung in Nordostchina (Provinz Shandong) während der Yuan-Ming-Transition unter besonderer Beachtung der illegalen Aktivitäten (einschließlich Piraten) und der Verknüpfung zwischen politisch-militärischen und kommerziellen Interessen. Dr. Mathieu Torck und Wim De Winter analysieren die Periode des 16. bis 18. Jahrhunderts. Dr. Torck untersucht dabei den politisch-militärischen Aspekt der zunehmend intensivierten Küstenverteidigung in der späten Ming- und der ersten Hälfte der Qing-Dynastie (1644–1911), während Herr De Winter von einem inter- und transkulturell vergleichenden Standpunkt aus den Entwicklungen und den praktischen Umgang von Händlern und Diplomaten in Kanton, Bengalen und Nagasaki mit dem Fokus auf China und Indien im späten 18. Jahrhundert nachgeht.

In einem letzten Schritt möchte die Forschergruppe die Ergebnisse der Einzelstudien zu den vier ausgewählten Umbruchsphasen miteinander vergleichen, um zu einer umfassenderen, integrativeren und gleichzeitig detaillierteren Geschichte der Dynamik von Chinas maritimem Handel und seiner maritimen Politik zu gelangen.

Fördermaßnahmen

Die Gerda Henkel Stiftung unterstützt das Forschungsprojekt durch die Übernahme von Personal-, Reise- und Sachkosten.

Dieses Projekt wurde im April 2014 dokumentiert.