Dokumentation zu diesem Projekt

Emil Nolde und der Nationalsozialismus: Ein Künstlermythos im 20. Jahrhundert

Einführung

Emil Nolde (1867–1956) war unter den in der Propaganda-Ausstellung »Entartete Kunst« 1937 verfemten expressionistischen Künstlern als einziger Mitglied in der NSDAP und wurde von vielen nationalsozialistischen Parteigrößen und Kunstsammlern sehr geschätzt. Dies setzte sich auch nach dem von der Reichskulturkammer im Sommer 1941 ergangenen Berufsverbot fort. Trotz seiner bis 1945 ungebrochenen Sympathie für den Nationalsozialismus galt Nolde nach Ende des Zweiten Weltkriegs als Verkörperung des verfolgten Künstlers und seine so genannten »ungemalten Bilder« als Beispiel unbeugsamer Kreativität in Zeiten totalitärer Diktatur. Im Zusammenspiel mit Ausstellungsmachern, Verlegern, Journalisten, Kunsthistorikern und Kunsthändlern gelang es Nolde, seine nationalsozialistische Vergangenheit weitestgehend aus der Öffentlichkeit zu halten und vollkommen von seinem künstlerischen Werk zu trennen. Nach seinem Tod wurde dieses Vorgehen von den Nachlassverwaltern der von Nolde selbst gegründeten Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde fortgeführt. Eine wichtige Rolle spielten dabei zum einen einflussreiche Museumsdirektoren wie Carl Georg Heise (1890–1979), Alfred Hentzen (1903–1985) und Werner Haftmann (1912–1999), zum anderen die spezifische Mediendynamik und die Konventionen der Kunstberichterstattung in der deutschen Nachkriegszeit.

Dr. Bernhard Fulda untersucht im Rahmen seines Forschungsvorhabens erstmals umfassend die Beziehung Emil Noldes zum Nationalsozialismus und verbindet dies mit einer Rezeptionsgeschichte Noldes insbesondere nach 1945. Ziel ist es, die bisherige Forschung zu Künstlermythos und politischem Personenkult zusammenzuführen und Noldes Auslegung des Nationalsozialismus im Kontext der kulturellen Konstruktion des künstlerischen »Genies« zu untersuchen. Grundlage für die geplante Studie ist der reichhaltige, bislang nicht archivisch erschlossene Quellenbestand der Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde. Leitfragen betreffen zum einen die Rolle der Stiftung bei der Vermittlung von Kunst und Person Emil Noldes, zum anderen die Presseberichterstattung und den weiteren medialen Kontext sowie die institutionellen Strukturen der Kunstvermittlung innerhalb der (west-) deutschen und internationalen Museumslandschaft.

Ziel des geplantes Projekts ist es, Emil Noldes Verhalten in den Jahren der nationalsozialistischen Diktatur in einen weiteren sozialen, kommunikativen und institutionellen Kontext einzubetten, in dem der Künstler sowohl auf Initiativen und Anregungen seiner Freunde und Bewunderer reagierte als auch versuchte, sich anhand der ihm zugänglichen Informationen und gegen die Angriffe seiner Kritiker innerhalb des nationalsozialistischen Kulturbetriebs zu positionieren. Dr. Fulda möchte versuchen, einen Beitrag zum Verständnis des Kunstschaffens, der Kunstrezeption und der Ambivalenzen nationalsozialistischer Kunstpolitik in den Jahren zwischen 1933 und 1945 zu leisten. Im Vorfeld des 60. Jahrestages der Gründung der Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde 2016 und des 150. Geburtstags Noldes 2017, der mit dem 80. Jahrestag der Ausstellung »Entartete Kunst« zusammenfällt, verspricht das Vorhaben die Entwicklung einer historisch-kritischen Perspektive auf Noldes Werk, die sich auch in zukünftigen Ausstellungen niederschlagen wird. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz wird die Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde im Rahmen des Projekts zudem bei der archivfachlichen Erschließung ihres Bestandes unterstützen, um den Nachlass Emil Noldes der Wissenschaft künftig leichter zugänglich zu machen.

Fördermaßnahmen

Die Gerda Henkel Stiftung unterstützt das Projekt durch die Gewährung eines Forschungsstipendiums sowie die Übernahme von Reise- und Sachkosten.

Dieses Projekt wurde im April 2015 dokumentiert.