Dokumentation zu diesem Projekt

Deutsch-jüdischer Wissens- und Kulturtransfer 1918 bis 1948: Das historische Archiv der Hebräischen Universität Jerusalem

Einführung

Die Hebräische Universität Jerusalem wurde 1918 als Hochschule und intellektuelles Zentrum für jüdische Studierende und Lehrende aus aller Welt gegründet. An der offiziellen Eröffnung der Universität im Jahr 1925 beteiligten sich bedeutende Gelehrte und wissenschaftlich wie politisch-kulturell führende Persönlichkeiten wie Albert Einstein, Chaim Nahman Bialik und Chaim Weizmann. Während die Universität in den ersten Jahren zunächst vor allem eine Forschungseinrichtung war, führten die radikalen politischen Veränderungen in Deutschland nach 1933 dazu, dass sich Lehrkörper und Zahl der Studierenden sehr schnell vergrößerten. Die Universität nahm in großem Umfang Studenten aus Deutschland und aus dem östlichen Europa auf und ermöglichte vielen von ihnen mit einem Stipendium die Emigration, da die universitäre Zulassung mit der Ausstellung von Einwanderungspapieren verbunden war. 1935 wurde die zunächst stark vom Präsidium in London und Förderern in Europa und den Vereinigten Staaten mitgelenkte Einrichtung umstrukturiert, um die lokalen Entscheidungsträger und die Autonomie der Universität zu stärken. Auf den von London aus arbeitenden Chaim Weizmann folgte der amerikanische Rabbiner Judah Leib Magnes als Präsident, der sich für eine Ausrichtung der universitären Lehre und Forschung an den Bedürfnissen des entstehenden jüdischen Gemeinwesens in Palästina einsetzte. Zudem war die Universität in ihren Anfangsjahren keine öffentliche Einrichtung und im Gegensatz zu europäischen Universitäten durch die Zusammensetzung des Lehrkörpers und die Aufnahme jüdischer Studenten ungeachtet ihrer geographischen Herkunft international ausgerichtet. Sie finanzierte sich nicht durch Mittel der Mandatsverwaltung, sondern vor allem durch Zuwendungen der Zionistischen Organisation, des amerikanischen Freundeskreises der Hebräischen Universität und zahlreicher Mäzene, die vor allem bis 1935 großen Einfluss auf Administration, Forschung und Lehre nahmen. Durch die Bildung einer wissenschaftlichen und kulturellen Infrastruktur im britischen Mandatsgebiet Palästina wurde die Hebräische Universität Jerusalem zu einem der Wegbereiter der israelischen Staatsgründung.

Das Archiv der Hebräischen Universität Jerusalem wurde 1925 eingerichtet und umfasst für die Jahre 1925 bis 1948 ca. 580 Archivboxen mit je ca. 30 Akten, die die besondere Situation der Universität dokumentieren und bis ins Jahr der Gründung zurückreichen. Ziel eines internationalen Konsortiums unter Federführung der Universitätsleitung, des an der Universität angesiedelten Franz Rosenzweig Minerva Forschungszentrums für deutschjüdische Literatur und Kulturgeschichte und des Deutschen Literaturarchivs Marbach ist es, das in seiner Material- und Überlieferungsgeschichte einzigartige Archiv zu erschließen und zu erforschen. Vier mit Doktoranden bzw. Forschungsstipendien unterstützte Projektbearbeiter werden sich sowohl mit der Geschichte deutsch-jüdischer Wissenschaftler in Jerusalem in den 1920er und 1930er Jahren als auch mit Fragen zur Vorbereitung der israelischen Staatsgründung durch Akteure aus dem Umfeld der Hebräischen Universität und zu den Zusammenhängen zwischen Wissenschaft, Politik und intellektuellem Engagement beschäftigen. Ein digitales Verzeichnis und eine Online-Präsentation von Kernbeständen sollen darüber hinaus die Archive für die Zeit von 1918 bis 1948 dauerhaft für die internationale Forschung öffnen. Die Ergebnisse des Projekts sollen 2018 anlässlich des 100. Jahrestags der Grundsteinlegung der Hebräischen Universität Jerusalem im Rahmen eines Symposiums der Öffentlichkeit vorgestellt werden.

Fördermaßnahmen

Die Gerda Henkel Stiftung unterstützt das Forschungsprojekt durch die Gewährung von Fördermitteln für ein Forschungsstipendium und drei Promotionsstipendien für die wissenschaftlichen Bearbeiter sowie durch die Bereitstellung von Fördermitteln zur Übernahme von Reise- und Sachkosten und zur Übernahme von Kosten für wissenschaftliche Tagungen.

Projektleitung

Prof. Dr. Yfaat Weiss
Hebräische Universität Jerusalem, Franz Rosenzweig,
Minerva Forschungszentrum

Prof. Dr. Ulrich Raulff
Deutsches Literaturarchiv Marbach

PD Dr. Marcel Lepper
Deutsches Literaturarchiv Marbach

Dieses Projekt wurde im März 2016 dokumentiert.