Dokumentation zu diesem Projekt

Imperial Nature: Botanical Illustration between Northern Europe and the New World (1550–1750)

Einführung

Bereits im 16. Jahrhundert kursierten in Europa gedruckte Herbarien mit Abbildungen lateinamerikanischer Flora, erst das 17. Jahrhundert aber versorgte ein größeres Publikum mit Beobachtungen aus erster Hand. Missionare sammelten große Mengen an Daten zur Natur der eroberten Territorien und veröffentlichten die Funde nach ihrer Rückkehr. Ende des 17. Jahrhunderts wurden hoch spezialisierte Botaniker und Künstler in die Neue Welt entsandt, um Flora und Fauna der Kolonien zu zeichnen. Frankreich und die Niederlande entwickelten sich zu den wichtigsten Zentren für Botanik und die Entstehung einer botanischen Bildsprache, in Paris und in Amsterdam wurden die Hauptwerke gedruckt. Die Rolle der Zeichner war von nicht zu unterschätzender Bedeutung sowohl für das groß angelegte Sammeln von Daten als auch für die Verbreitung der Ergebnisse in der Öffentlichkeit. Zeichnungen waren mit einer Form autoritativer Kraft versehen, die sowohl auf ihrer genauen Wiedergabe der Natur als auch auf ihrer nicht zu leugnenden Schönheit beruhten. Die Naturforscherin und Reisende Maria Sybilla Merian (1647–1717) berichtet im Vorwort ihres berühmten Buches über die Pflanzen und Insekten Surinams (Metamorphosis insectorum surinamensium), dass erst das Interesse ihres heimischen Publikums sie überhaupt zu einer Veröffentlichung bewegt habe: Zurück in den Niederlanden hatte sie einigen Neugierigen ihre Zeichnungen gezeigt, die sie ermutigten, ihre Beobachtungen zu publizieren.

Eine der Schlüsselfiguren für die Weiterentwicklung des Sammelns botanischen Wissens auf der Grundlage von Bildern war der Franzose Charles Plumier (1646–1704). Ausgebildet als Botaniker, Zeichner, Maler, Bildhauer und Kupferstecher, reiste er im Auftrag Ludwigs XIV. in den Jahren 1687, 1689 und 1694 nach Martinique, Guadeloupe und Saint Domingue, um die Fauna und Flora der französischen Antillen zu dokumentieren. Er brachte tausende Zeichnungen und schriftliche Beschreibungen mit, die zum größten Teil noch erhalten sind. Plumiers von der Königlichen Druckerei in Paris veröffentlichte Bücher Description des Plantes de l’Amérique (1693), Nova Plantarum Americanarum Genera (1703) und Traité des Fougères de l’Amérique (1705) enthielten eine Auswahl von Zeichnungen und erklärenden Texten. Seine Arbeit beleuchtet darüber hinaus auch die damaligen Beziehungen zwischen Frankreich und den Niederlanden mit Blick auf die Entwicklung der kolonialen Botanik und der aktiven Weitergabe von Wissen innerhalb Europas: Plumier rezipierte und zitierte in seinen Werken Willem Piso’s wichtige, in Amsterdam gedruckte Historia Naturalis Brasiliae (1648).

Jaya Remond untersucht im Rahmen ihres Forschungsvorhabens Zeichnungen und Stiche „exotischer“ Pflanzen in der Frühen Neuzeit. Sie möchte versuchen zu klären, wie Zeichnungen im Kontext kolonialer wissenschaftlicher Expeditionen zu Instrumenten von Wissen und Kontrolle wurden, wie sie sich in die Entwicklung von Kunstgeschichte und Bildproduktion im frühmodernen Europa eingliedern lassen und ob die Darstellung unbekannter Pflanzen und Blumen neue Seh- und Zeichengewohnheiten prägte. Leitfragen beziehen sich zudem auf die politischen und wirtschaftlichen Interessen der europäischen Mächte. Da die Dokumentation von Pflanzen und die Inventarisierung bislang in der Regel unbekannter Arten nur möglich war, wenn die Europäer die natürlichen Ressourcen der jeweiligen Länder Amerikas kontrollierten, sind botanische Illustrationen immer im Kontext von Beherrschung und Domestikation zu betrachten. Der Schwerpunkt der Analyse liegt auf Frankreich und den Niederlanden und deren Beziehungen zur Karibik. Als Quellen stehen gedruckte Bücher, Stiche, Zeichnungen, Gemälde, und Archivquellen europäischer Botaniker und Künstler über Pflanzen und Blumen Mittel- und Südamerikas in unterschiedlichen Archiven und Bibliotheken zur Verfügung. Dr. Remonds geplante Studie verspricht neue Erkenntnisse über die Rolle von Bildern für die Erfassung und Verbreitung von Wissen im Europa der Frühen Neuzeit.

Fördermaßnahmen

Die Gerda Henkel Stiftung unterstützt das Projekt durch die Gewährung eines Forschungsstipendiums und die Übernahme von Reise- und Sachkosten.

Stipendiatin

Dr. Jaya Remond, Berlin

Bildnachweise

Abb. 1.: Mit freundlicher Genehmigung der Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg/ Frankfurt am Main

Abb. 2: Houghton Library, Harvard University, Cambridge, Tafel XIII. Photo: Jaya Remond

Abb. 3: Musée National d’Histoire Naturelle, Paris – Direction des bibliothèques et de la documentation. Ms 6. Photo: Jaya Remond

Dieses Projekt wurde im März 2017 dokumentiert.