Dokumentation zu diesem Projekt

Die spanische Fremdenlegion, 1920–1939. Kriegsfreiwillige im Kolonial- und Bürgerkrieg

Einführung

Es war ein bunt durchmischtes und internationales Publikum, das in den 1920er Jahren in größeren Reisegruppen die unscheinbare Kleinstadt Algeciras zur Überfahrt nach Ceuta durchquerte oder vereinzelt dort und in anderen spanischen Hafenstädten strandete. Zusammengesetzt war es vor allem aus Spaniern aus den entlegensten Provinzen und den größten Metropolen, aber auch aus zahlreichen Ausländern, unter ihnen Afroamerikaner aus New York, ein Seemann aus dem japanischen Kobe, Norweger, Kubaner, Russen, Italiener, Franzosen, Belgier sowie unzählige Portugiesen und Deutsche. So unterschiedlich die Herkunft der Reisenden auch war, es einte sie ein gemeinsames Ziel: Die kurz zuvor unter dem Namen El tercio de extranjeros gegründete spanische Fremdenlegion im Protektorat Nordmarokko.

Tausende dienten dort – so die Legionsmythologie – als novios de la muerte, Bräutigame des Todes und kämpften und starben in einem ebenso grausamen wie verlustreichen Kolonialkrieg. Treibende Kraft hinter der Gründung der Fremdenlegion war der Offizier José Millán Astray, der den Verband als Reaktion auf die erkennbaren Defizite des spanischen Militärs in Marokko nach dem Vorbild der französischen Fremdenlegion als professionelle Freiwilligentruppe aufstellte. Die Fremdenlegion trug mit den Einheimischentruppen der Regulares die Hauptlast des 1921 voll entbrannten und bis 1927 andauernden Rifkriegs, in dem sich Spanien einem flächendeckenden Aufstand der durch Mohammed Ab el-Krim geeinten Rif-Kabylen gegenübersah und den beide Seiten mit äußerster Brutalität verfolgten.

Nach dem Ende des Kolonialkriegs blieb die Fremdenlegion bestehen und diente nicht nur der Sicherung der spanischen Herrschaft in Nordmarokko, sondern wurde auch 1934 im Inneren zur Niederschlagung des Bergarbeiteraufstands in Asturien eingesetzt. Sie war ein wichtiger Kristallisationspunkt jener Offiziere, die 1936 den Putsch gegen die Zweite Spanische Republik anführten, und spielte eine entscheidende Rolle im anschließend ausbrechenden Spanischen Bürgerkrieg. Die Fremdenlegion und marokkanische Verbände der Regulares trugen den Kolonialkrieg und seine Gräuel von Marokko über Andalusien bis vor die Tore Madrids und waren als Fronttruppen und „Francos Prätorianergarde“ an allen entscheidenden Kämpfen beteiligt.

Ungeachtet der Bedeutung der spanischen Fremdenlegion für den Kolonialkrieg in Marokko und den Ausbruch und Verlauf des Bürgerkriegs liegen nur wenige Untersuchungen vor, die vor allem die Entstehung der Legion als Institution sowie ihre Mythologie und Kämpfe in den Blick nehmen. Jannis Girgsdies möchte sich im Rahmen seines Dissertationsvorhabens auf die Sichtweise der Legionäre konzentrieren und eine Sozial- und Alltagsgeschichte der Fremdenlegion von 1920 bis 1939 erarbeiten. Leitfragen beziehen sich auf die soziale und regionale Herkunft der Legionäre, ihre Motivation zum Eintritt sowie ihre Legions- und Kriegserfahrungen. Vorarbeiten von Herrn Girgsdies zu den deutschen Mitgliedern der Fremdenlegion auf der Grundlage von Aktenbeständen im Auswärtigen Amt ergaben, dass die Hauptursache des Zustroms in die Fremdenlegion in der wirtschaftlichen und sozialen Misere Deutschlands in der Nachkriegszeit begründet lag. Zu fragen ist, ob dieser Befund auch auf die Mitglieder der Fremdenlegion aus anderen Nationen und aus Spanien zutraf. Die zeitliche Eingrenzung umfasst die beiden umfangreichsten Einsätze der Legion und bietet zudem die Möglichkeit, zu überprüfen, ob es neben dem Offizierskorps auch unter den Unteroffiziers- und Mannschaftsdienstgraden personelle Kontinuitäten gab, welche die Gewaltexzesse des Bürgerkriegs mit erklären könnten. Über den spezifischen historischen Kontext der spanischen Fremdenlegion hinaus verspricht die geplante Dissertation auch einen Beitrag zu einer bis in die Gegenwart reichenden Geschichte der Arbeitsmigration, des Söldnertums und der Kriegsfreiwilligen zu leisten.

Fördermaßnahmen

Die Gerda Henkel Stiftung unterstützt das Dissertationsvorhaben durch die Gewährung eines Promotionsstipendiums sowie die Übernahme von Reise- und Sachkosten.

Dieses Projekt wurde im März 2019 dokumentiert.