Dokumentation zu diesem Projekt

Das römische Militärlager von Tel Shalem (Israel) – Untersuchung zur römischen Militärpräsenz in Iudaea vor und nach dem Bar Kochba-Aufstand

Bronzestatue Hadrians aus Tel Shalem

Einführung

Das ehemalige römische Militärlager Tel Shalem liegt im mittleren Jordantal, circa elf Kilometer südlich der modernen israelischen Stadt Bet She’an. Der Ort war aus strategischer Sicht überaus günstig gewählt, da von hier der Übergang der Jesreel-Ebene ins Jordantal, die nahegelegenen antiken Dekapolis-Metropolen Nysa-Skythopolis (heute: Bet She’an, Israel) und Pella (heute: Tabaqat Fahl, Jordanien) sowie sämtliche Fernstraßen der Region kontrolliert werden konnten. Der Fundplatz Tel Shalem besteht aus einer hellenistisch-römischen Siedlung mit Nekropole, zwei sich überlagernden kaiserzeitlichen Militärlagern sowie einer spätantik-frühbyzantinischen Begräbnisstätte, für die Spolien älterer Monumente verwendet wurden. Archäologische Forschungen brachten mehrere spektakuläre Funde hervor, darunter eine bronzene Panzerstatue Hadrians, ein Bronzeporträt Gordians III., eine Monumentalinschrift für Hadrian sowie Hinweise auf eine zumindest zeitweilige Präsenz einer Abteilung der sechsten Legion. Die ungewöhnlichen Funde haben zu einer kontroversen wissenschaftlichen Debatte über die Rolle von Tel Shalem und der Region Galiläa während des jüdischen Bar Kochba-Aufstands gegen die römische Besatzung in den Jahren 132–135 n. Chr. geführt.

Ziel eines Forschungsprojekts des Archäologischen Instituts der Universität zu Köln unter Leitung von Prof. Dr. Michael Heinzelmann und Prof. Dr. Eckhard Deschler-Erb in Kooperation mit dem Israel Museum und der Hebrew University, beide Jerusalem, ist es, den Fundplatz Tel Shalem einer systematischen, multi-disziplinär angelegten Untersuchung zu unterziehen und die Struktur des Ortes sowie die Nutzungsdauer der Militärlager und der zugehörigen Zivilsiedlung zu analysieren. Zu diesem Zweck wurden in den letzten Jahren großflächige geophysikalische Prospektionen durchgeführt, bei denen die Ausdehnung und größere Teile der Binnenbebauung der beiden Militärlager erfasst wurden. Bei einer 2017 durchgeführten Testgrabung im Bereich der Principia des jüngeren Lagers konnte das Fahnenheiligtum mit einem vollständig erhaltenen Mosaikboden und einer Stifterinschrift der siebten phrygischen Reiterstaffel freigelegt werden. Der Befund legt die Vermutung nahe, dass das ältere Lager von einer Einheit der sechsten Legion angelegt und während des Bar Kochba-Aufstands zerstört wurde. An seine Stelle trat ein zweites Lager der siebten phrygischen Reiterstaffel, das bis zur späten Kaiserzeit Bestand hatte.

Die Testgrabungen belegen den guten Erhaltungszustand sowie das große Potential des Fundortes Tel Shalem, der in den kommenden Jahren in drei weiteren, von der Stiftung geförderten Grabungskampagnen untersucht werden soll. Im Mittelpunkt steht dabei zum einen die Frage nach einer verlässlichen Chronologie der Militärlager, zum anderen nach der Bedeutung des Platzes in der römischen Kaiserzeit: Die ungewöhnliche Architektur und die aufwändige Ausstattung könnten ein Hinweis darauf sein, dass es sich bei Tel Shalem nicht um ein Standardlager gehandelt hat. In Tel Shalem besteht zudem die Möglichkeit, die längerfristige Entwicklungsgeschichte eines Ortes von seiner Genese als hellenistisch-frührömische Zivilsiedlung über die Anlage zweier aufeinander folgender Militärlager und die von dort ausgehende Neuanlage einer Zivilbebauung bis zur Aufgabe zu studieren. Das Forschungsprojekt verspricht, neues Licht auf die römische Militärpräsenz in Judäa und ihre Auswirkungen vor und nach dem Bar Kochba-Aufstand zu werfen.

Fördermaßnahmen

Die Gerda Henkel Stiftung unterstützt das Projekt durch die Übernahme von Personal-, Reise- und Sachkosten zur Durchführung von drei Grabungskampagnen in Tel Shalem in den Jahren 2019 bis 2021.

Dieses Projekt wurde im März 2019 dokumentiert.