Dokumentation zu diesem Projekt

Die Verhandlung kolonialen Erbes. Die historischen Sammlungen aus Namibia in Berlin und Windhoek

Nehoa Hilma Kautodonkwa, Cynthia Schimming und Julia Binter mit Kandina im Depot des Ethnologischen Museum Berlin. Filmstill aus Tracing Namibian-German Collaborations at the Ethnologisches Museum Berlin

Einführung

In der aktuell geführten Debatte um ethnologische Sammlungen aus kolonialen Kontexten geht es um mehr als nur die Rückführung von Objekten. Es geht darum, das Verhältnis von ehemaligen Kolonien und Kolonialmächten neu zu bestimmen. In diesem Zusammenhang lässt sich das Projekt von Dr. Jeremy Silvester, Direktor der Museums Association of Namibia (MAN) und Jonathan Fine, Kurator des Ethnologischen Museums der Staatlichen Museen zu Berlin, verorten. Durch eine kollaborative Provenienzforschung in den aus Namibia stammenden ethnologischen Sammlungen in Berlin und Windhoek soll das Wissen über die Bestände miteinander verknüpft werden. Schon im Vorfeld des gemeinsamen Projekts zeigte sich, dass die namibischen Kolleginnen wichtige, den deutschen Kuratoren unbekannte Informationen über manche Objekte in den Berliner Sammlungen beisteuern konnten. So zum Beispiel über die um 1900 von Königin Olugondo von Odonga selbst gefertigten Puppe „Kandina“, deren Name, Geschichte und Herkunft erst durch die Zusammenarbeit mit Expertinnen und Experten aus Namibia eingehend erforscht werden konnte.

Im Rahmen dieses Projekts werden unter anderem 23 Objekte aus den Sammlungen des Ethnologischen Museums in Berlin an das National Museum of Namibia in Windhoek verliehen. Unter den ausgewählten Objekten befinden sich wichtige historische Artefakte, Prestigeobjekte sowie Schmuck. Auch „Kandina“ zählt dazu, sowie einige Alltagsgegenstände. Die Objekte sollen gemeinsam mit den dortigen Museumssammlungen untersucht werden, um dann Forschungs-Workshops mit namibischen Kulturschaffenden, Forschenden, Gemeindevertreterinnen und -vertretern sowie zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern zu veranstalten. In Kooperation mit Modeschaffenden wurde außerdem ein aktueller Bezug der Objekte zu Gesellschaft und (Pop)Kultur am Museum of Namibian Fashion hergestellt. Des Weiteren planen Dr. Jeremy Silvester und Jonathan Fine, die Forschung durch die Digitalisierung von Sammlungen voranzubringen und die Kapazität und Infrastruktur des Nationalmuseums von Namibia und der Museums Association of Namibia in den Bereichen Konservierung, Digitalisierung und kuratorische Praxis zu unterstützen.

Wie die Museum Development Managerin von MAN, Nehoa Kautodonkwa, in einem Interview mit der Stiftung Preußischer Kulturbesitz bekräftigt, haben die Objekte und ihre Rückführung, auch wenn es sich teilweise um Alltagsgegenstände handelt, einen großen Wert für die Gesellschaft: „Ich glaube, dass Objekte eine Form von einzigartigen Archiven sind, die uns helfen können, alternative Erzählungen zu kreieren. Wir sind gespannt auf die Geschichten, die uns diese Objekte offenbaren werden.“ Bei diesem Projekt sollen Deutungshoheit und Autorität der Interpretation ganz bei Namibia liegen.

Auf L.I.S.A. WISSENSCHAFTSPORTAL GERDA HENKEL STIFTUNG ist ein ausführliches Interview mit dem Kurator der Sammlung Jonathan Fine, der Kulturbeauftragten Hertha Bukassa, der Kuratorin für das kulturelle Erbe des Befreiungskampfes Namibias Golda Ha-Eiros sowie der Provenienzforscherin Julia Binter vom Ethnologischen Museum Berlin mit dem Titel „Colonialism, Art, and Culture“ abrufbar.

Ndapewoshali Ashipala, Jonathan Fine, Hertha Bukassa, Julia Binter und Golda Ha-Eiros diskutieren die Bedeutung eines Parfum-Flacons. Filmstill aus Tracing Namibian-German Collaborations at the Ethnologisches Museum Berlin

Projektleitung

Dr. Jeremy Silvester
Jonathan Fine

Fördermaßnahmen

Die Gerda Henkel Stiftung unterstützt das Projekt durch die Gewährung von Reise- und Sachkosten auf deutscher Seite sowie durch die Übernahme von Personalkosten in Namibia.

Das Projekt wurde im Mai 2020 dokumentiert.