Pressemitteilung, 29.04.2020

Mykene, Mossul, Metadaten: Gerda Henkel Stiftung bewilligt 4,4 Millionen Euro für Projekte weltweit

"Corona-Nothilfefonds" für Stipendiaten | Kunsthistoriker Prof. Dr. Andreas Beyer wird Mitglied im Kuratorium

Die Gerda Henkel Stiftung fördert knapp 50 neue Forschungsvorhaben weltweit. In ihrer Frühjahrssitzung stellte die Stiftung hierfür eine Gesamtsumme von rund 3,4 Millionen Euro zur Verfügung. Das Spektrum reicht von Forschungen zu mykenischem Gold über Studien zur irakischen Stadt Mossul in Geschichte und Gegenwart bis zu den nicht sichtbaren Eigenschaften digitaler Bilder. Eine Million Euro zusätzlich wurde für einen "Corona-Nothilfefonds" bewilligt. In einer weiteren wesentlichen Entscheidung wurde der Kunsthistoriker Prof. Dr. Andreas Beyer zum 1. Januar 2021 in das Kuratorium der Stiftung berufen.

Mykenisches Gold
Nicht erst seit Heinrich Schliemanns spektakulärer Entdeckung von Goldobjekten wie der so genannten "Maske des Agamemnon" wird die mykenische Kultur in besonderer Weise mit Wohlstand assoziiert. Bis heute ziehen die mykenischen Goldfunde Wissenschaftler wie Öffentlichkeit in ihren Bann. Eine Forschergruppe um Prof. Dr. Ernst Pernicka am Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie in Mannheim hat ein neues Verfahren zur schonenden Untersuchung des mykenischen Goldes entwickelt. Das System soll dabei helfen, Fragen zur Herkunft und Verbreitung des Materials zu beantworten und Fälschungen zu identifizieren. Anhand ausgewählter Objekte wird die neue Technik im Nationalmuseum in Athen und in weiteren europäischen Museen zur Anwendung kommen.

Forschungsziel Irak
Vier irakbezogene Forschungs- und Kulturerhaltprojekte finden Aufnahme in die Förderung: Die Thronsaalreliefs im Südwestpalast von Ninive, Mossul, stehen im Zentrum eines Projekts unter Leitung von Prof. Dr. Peter Miglus (Heidelberg). 2014 zerschlugen Truppen des so genannten "Islamischen Staats" die assyrischen Zeugnisse (um 700 v. Chr). Die Reliefs und Inschriften können nun notgesichert, restauriert und virtuell rekonstruiert werden. Um Keilschrifttafeln aus der Sammlung des Irakischen Nationalmuseums, Bagdad, geht es in gleich zwei irakisch-deutschen Kooperationsvorhaben: Ein Team um Prof. Dr. Nawala Ahmed Mahmood al-Mutawalli (Bagdad), Prof. Dr. Khaled Ismael (Mossul) und Prof. Dr. Walther Sallaberger (München) wird sumerische Tafeln aus Umma (19. Jh. v. Chr.) katalogisieren, publizieren und konservieren. Verschiedenen Keilschrifttafeln aus dem alten Mesopotamien wiederum ist das Projekt von Dr. Anmar Abdulillah Fadhil (Bagdad) und Prof. Dr. Enrique Jiménez (München) gewidmet. Dem Irak der Gegenwart wendet sich Dr. Irene Costantini zu. Sie nimmt Mossul nach der Befreiung vom "Islamischen Staat" in den Blick und geht der Frage nach, wie sich die Rekonstruktion der Stadt mit ihren verschiedenen Akteuren gestaltet.

Sicherheit und Bedrohung im Digitalen Zeitalter
Unter den Neuaufnahmen im Förderschwerpunkt "Sicherheit, Gesellschaft und Staat" befassen sich zwei Vorhaben mit Folgeerscheinungen der Digitalisierung. Vernetzte digitale Bilder sind das Thema von Dr. Rune Saugmann (Tampere, Finnland). Sie erfüllen in der politischen Meinungsbildung unterschiedliche Funktionen: sie mobilisieren Proteste, dokumentieren Kriegsverbrechen, machen verdeckte Militäroperationen publik und revolutionieren die Kriegsberichterstattung. Doch nicht nur, was sie zeigen, so Rune Saugmann, auch ihre nicht sichtbaren Eigenschaften wie Metadaten haben sicherheitspolitische Konsequenzen. Dr. Johannes Thumfart (Brüssel, Belgien) erarbeitet eine Studie für fünf Faktoren der Digitalisierung, die die staatliche Souveränität seines Erachtens besonders herausfordern: den grenzübergreifenden Zugang zu Informationen, die Manipulationen in Sozialen Medien, die privat regulierten Online-Plattformen, Cyberangriffe und Kryptowährungen.

Corona-Nothilfe
Bibliotheken und Archive geschlossen, archäologische Grabungsstätten gesperrt, Forschungsreisen storniert: Die Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie machen es auch Geisteswissenschaftlerinnen und Geisteswissenschaftlern vielerorts unmöglich, ihre Arbeit wie geplant durchzuführen. Zur Überbrückung richtet die Gerda Henkel Stiftung einen "Corona-Nothilfefonds" im Umfang von zunächst einer Million Euro ein. Vor allem Promovierende und Postdoktoranden können sich an die Stiftung wenden. Die Regelung gilt ab sofort und ist zeitlich befristet.

Prof. Dr. Andreas Beyer
Prof. Dr. Andreas Beyer ist als Ordinarius für Kunstgeschichte der Frühen Neuzeit an der Universität Basel tätig. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten zählen die Kunst und Architektur der Neuzeit (insbesondere Italiens) und der deutschen Klassik, Architektur und Bild, die Migration von Bildern und Formen sowie Methodologie und Wissenschaftsgeschichte. Dem Wissenschaftlichen Beirat der Gerda Henkel Stiftung gehörte er von 2009 bis 2016 an, ab 2014 als dessen Vorsitzender. Im Kuratorium der Stiftung wird er am 1. Januar 2021 auf Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Joachim Gehrke folgen, der turnusgemäß ausscheidet.

Gerda Henkel Stiftung
Informationen zur Gerda Henkel Stiftung finden sich unter www.gerda-henkel-stiftung.de

Kontakt:
Pressestelle der Gerda Henkel Stiftung
Dr. Sybille Wüstemann
Telefon +49 211 93 65 24 - 19
Telefax +49 211 93 65 24 - 44
wuestemann@gerda-henkel-stiftung.de