Dokumentation zu diesem Projekt

Terra Ignota – Unbekannte Welt im Schatten der Heiligen. Die Drôlerien der Chorschrankenmalereien des Kölner Domes

Köln, Dom, Binnenchor, Blick nach Osten auf den Dreikönigenschrein und den Hochaltar

Einführung

Obwohl seit dem achten Jahrhundert dokumentiert, erlebten Drôlerien – derb-lustige, grotesk überzeichnete Darstellungen von Menschen, Fabelwesen und Tieren – ihre Blüte im 13. und 14. Jahrhundert. Häufig sind sie unmittelbar neben christlichen Motiven aus der Bibel als eine Art Karikatur in Wand- und Buchmalerei oder in plastischer Darstellung zu finden, um das ikonografische Thema entweder zu betonen oder zu parodieren. So auch in den Wandmalereien auf den Chorschranken des Kölner Domes hinter dem Chorgestühl im Binnenchor der Kathedrale. Diese Chorschrankenmalereien zeigen eine Fülle an figürlicher Malerei. Neben christlichen Motiven und Heiligendarstellungen sind im Hintergrund der Chorschrankenmalereien Fabelwesen und unterschiedlichste Figuren, die gemeinhin als Drôlerie bezeichnet werden dürfen, dargestellt: Mischwesen aus Mensch und Tier, Nereiden, Monster und Drachen, Affen und Hunde, Löwen und Vögel. Sie sind kaum zugänglich hinter dem Chorgestühl zu finden und zeigen pagane Figuren und Liebespaare, die bislang undokumentiert waren.

Die Kunsthistorikerin Dr. Katharina Bornkessel dokumentiert in der vorliegenden Arbeit in zwei Bänden erstmals alle auf den Chorschrankenmalereien im Kölner Dom erhaltenen Drôlerien in ihrer Gesamtheit, die sie einzeln beschreibt, kontextualisiert und analysiert. Dabei geht sie sowohl auf den bisherigen Forschungsstand und die Restaurierungsgeschichte ein als auch auf die Malereitechnik und Thematik der Drôlerien, die man bislang als freie Spielerei ohne inhaltlichen Zusammenhang vernachlässigte. Ihre hohe Qualität von Malstil und Technik lässt sie als bedeutendes Beispiel für die Wandmalereien der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts im Deutschen Reich erscheinen. Trotz der starken Restaurierungsbedürftigkeit der Chorschrankenmalereien befinden sie sich noch heute in einem guten Zustand – mehr als 500 einzelne Figuren, etwa die Hälfte des ursprünglichen Bestands, sind erhalten. Zahlreiche Motive stammen aus dem höfischen Umfeld wie etwa der Minne und spiegeln die Geisteswelt des 14. Jahrhunderts wider. Warum sie so selbstverständlich neben christlichen Darstellungen zu finden sind, ist eine zentrale Fragestellung der motivischen Analyse in Dr. Bornkessels Studie. Auch die stilistische Einordnung der Chorschrankenmalereien hat bisher unterschiedliche Beurteilung erfahren. Die vorliegende Untersuchung macht deutlich, dass der stilistische Ursprung schwerpunktmäßig im Bereich der französischen Hofkunst anzusiedeln ist, konkret in der französischen Buchmalerei des 14. Jahrhunderts. Dies ist nicht nur für den Kontext der Drôlerien der Chorschrankenmalereien von Bedeutung, sondern gibt auch neue Hinweise für die Datierung. Durch die Dokumentation konnten nicht nur wichtige Erkenntnisse über die Werkstätten erlangt werden, die an den Chorschranken gearbeitet haben, sondern auch die Diskussionen bezüglich ikonografischer Vorbilder und ihrer Interpretationsmöglichkeiten angestoßen und weiter vorangetrieben werden. Der Band inklusive Katalog ist 2019 im Verlag Kölner Dom erschienen.

Stipendiatin

Dr. Katharina Bornkessel, Mainz

Fördermaßnahmen

Die Gerda Henkel Stiftung unterstützte das Projekt durch die Gewährung eines Promotionsstipendiums.

Das Projekt wurde im Mai 2020 dokumentiert.