04.12.2019

Zeitzeugen der Kolonialzeit in Kamerun – Ergebnisse eines langjährigen Förderprojekts vorgestellt

Kassetten mit Interviews von Zeitzeugen aus allen Regionen Kameruns, aufgenommen 1981–1986

Am 25. und 26. November fand in Douala eine Konferenz zur Vorstellung der Ergebnisse des Projekts „Africa’s Collective Memory“ statt, das sich der Bewahrung von Zeugnissen der deutschen Kolonialzeit in Kamerun widmete. In Anwesenheit des Generalsekretärs im Ministerium für Kunst und Kultur, Mouhtar Ousmane Mey, blickte Prof. Dr. Dr. Prince Kum’a Ndumbe III., Gründer und Präsident der Fondation AfricAvenir International, auf die Ursprünge des Projekts und die von ihm und seinen Mitarbeitern geleistete Arbeit zurück.

In den 1980er Jahren hatten Wissenschaftler der Universität Yaoundé I unter Leitung von Professor Ndumbe Interviews mit den hochbetagten Zeitzeugen der Kolonialzeit in Kamerun und ihren direkten Nachkommen durchgeführt und diese Gespräche auf Audiokassetten aufgenommen. Diese Kassetten wurden über 30 Jahre nicht genutzt und drohten insbesondere aufgrund der schwierigen klimatischen Verhältnisse unbrauchbar zu werden. Professor Ndumbe sicherte die Kassetten und initiierte ein Projekt zur langfristigen Sicherung der Zeugnisse. Seit 2015 konnten die Kassetten im Rahmen einer Kooperation mit dem Phonogrammarchiv an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien digitalisiert werden. Gleichzeitig bewilligte die Gerda Henkel Stiftung Mittel für die Transkription der Interviews und ihre Übersetzung ins Französische und Englische. Dabei stellten sich große Schwierigkeiten heraus: So waren die Interviews in 20 kamerunischen Sprachen geführt worden, von denen einige in der Zwischenzeit kaum noch gesprochen werden. Es dauerte daher in manchen Fällen sehr lange, einen geeigneten Transkriptor und Übersetzer zu finden. Inzwischen sind 20 Bände der Buchreihe „Quand les anciens parlent“ erschienen, weitere 14 Manuskripte sind in Vorbereitung.

Die Ergebnisse des Projekts werden in den kommenden Monaten einer breiteren Öffentlichkeit nahegebracht. Dafür wird eine Caravane de restitution de la Mémoire Collective africaine durch Kamerun reisen und das Projekt und die Zeitzeugendokumente vorstellen.

Videodokumentation des Projektes (2016)

Die Geschichte Afrikas wird nach wie vor überwiegend von Nicht-Afrikanern auf Basis nicht-afrikanischer Quellen geschrieben. Sie ist so gesehen eine sehr lückenhafte wenn nicht sogar eine Nicht-Geschichte - soll heißen, eine Geschichtsschreibung ohne die afrikanische Perspektive. Die Gründe dafür reichen in die Kolonialzeit zurück, als die Europäer sich des Kontinents und seiner Bevölkerung bemächtigten und dort ihre europäischen Bürokratien nachbauten. Die schriftlichen Hinterlassenschaften dieser Kolonialherrschaft bilden bis heute den Hauptkorpus an Quellenmaterial, wenn es darum geht, die Geschichte in Afrika zu erforschen. Der Historiker Prinz Kum'a Ndumbe III. will das ändern und die afrikanische Perspektive, die vor allem mündlich überliefert ist, sicht- bzw. hörbar machen. Sein Projekt in Kamerun: afrikanische Stimmen der Erinnerung durch den Aufbau eines umfassenden Audioarchivs sichern und verfügbar machen.