Dokumentation zu diesem Projekt

Die Burgen im mittelalterlichen Breisgau

Einführung

Der mittelalterliche Breisgau wurde im Westen und Süden vom Rhein, im Norden vom Flüsschen Bleiche und im Osten von den Schwarzwaldanhöhen begrenzt und umfasste auch das vom Rheinknie aus tief in den Schwarzwald ragende Wiesental, das Wehratal und den Bereich entlang des Hochrheins bis zur Murg, welche die Grenze zum Albgau darstellte. Der Breisgau galt, anders als das benachbarte Elsass und die Nordschweiz, lange nicht als ausgesprochene Burgenlandschaft, was aber vor allem auf die weit fortgeschrittene Burgenforschung in den Nachbargebieten zurückzuführen ist. Da im Breisgau zahlreiche Burgen im Zuge der neuzeitlichen Kriege zwischen Frankreich und den Habsburgern zerstört wurden, war die Anzahl der bekannten Burgen links des Rheins bislang deutlich höher und ihr Erhaltungszustand besser.

Im Rahmen eines interdisziplinär angelegten Forschungsprojektes unter der Leitung von Prof. Dr. Thomas Zotz und Prof. Dr. Alfons Zettler werden alle mittelalterlichen Burgen im Breisgau erfasst und historisch, archäologisch und gegebenenfalls baugeschichtlich untersucht.

Erforscht werden die mittelalterlichen Adelsburgen, wobei der Burgenbegriff weit gefasst wird und sowohl die Funktion der Burg als vestes hus eines adeligen Herrn und seiner Dynastie als auch den herrschaftlichen Einzugsbereich und die feudalkriegerische und herrschaftliche Repräsentation berücksichtigt. In ein nach Vollständigkeit strebendes Lexikon werden alle Burgen aufgenommen, die noch heute sichtbar, in den Schriftquellen belegt oder archäologisch nachgewiesen sind, deren mögliche Erbauer und Bewohner belegt werden können, die Spuren in den Toponymen der Gegend hinterlassen haben oder die in der volkstümlich-mündlichen Überlieferung vorkommen. Ausgehend von den Sitzen einflussreicher Herrschaften wie den Burgen Staufen, Badenweiler und Rötteln wird die herrschaftliche Gliederung des gesamten südlichen Breisgaus erfasst und bildet die Basis für die Untersuchung kleinerer Burgen. Auf der Grundlage der archäologischen Literatur und der Akten des Landesdenkmalamts sowie durch die Prospektion einzelner Burgstellen werden topographisch-archäologische Beschreibungen der Burgstellen und der erhaltenen Überreste der Burgen verfasst. Des weiteren werden die Grundzüge der Ortsgeschichte dargestellt, wobei insbesondere auf die Entstehung der Ortschaft und ihre Herrschafts- und Besitzgeschichte eingegangen wird. Für den nördlichen und südlichen Teil des Breisgaus wird eine Karte erstellt, auf der sämtliche Burgstellen verzeichnet sind.

Der Untersuchungszeitraum erstreckt sich von der Entstehung der ersten Adelsburgen im 10. Jahrhundert bis zum Ende des Mittelalters um das Jahr 1500, als die mittelalterlichen Burgen entweder von neuzeitlichen Wehrbauten abgelöst wurden, die nicht mehr als Wohnsitze und Repräsentativbauten dienten, oder von Schlössern, bei denen zu Gunsten größerer Wohnlichkeit auf die Wehrhaftigkeit verzichtet wurde. Da in den meisten Fällen mit dem Besitz der Burgen auch umfangreiche Herrschaftsrechte verknüpft waren, lässt diese interdisziplinäre Studie auf regionaler Ebene Erkenntnisse über die herrschaftlichen und besitzrechtlichen Grundstrukturen der Gegend erwarten und schafft daher über die Burgenforschung hinaus Grundlagen für die Beschäftigung mit der Herrschaftsgeschichte des Breisgaus und für die südwestdeutsche Landesgeschichte im Allgemeinen.

Die Ergebnisse der Forschung werden in einem vierbändigen Lexikon veröffentlicht, von dem bereits drei Bände erschienen sind.

Tagung 2009

Im Rahmen einer von der Stiftung geförderten und von der Abteilung Landesgeschichte des Historischen Seminars der Universität Freiburg und vom Historischen Institut der Technischen Universität Dortmund, in Kooperation mit dem Alemannischen Institut Freiburg i. Br. e.V., veranstalteten Fachtagung „Burgen im mittelalterlichen Breisgau. Aspekte von Burg und Herrschaft im interdisziplinären und überregionalen Vergleich“, die im März 2009 in Bolschweil-St. Ulrich im Schwarzwald stattfand, wurden querschnittartig Einzelaspekte der bisherigen Forschungsergebnisse vorgestellt und im internationalen Vergleich diskutiert. In fünf Sektionen wurden Ergebnisse aus dem Breisgauer Burgenprojekt mit jenen anderer historischer Landschaften – wie etwa dem Elsass und der Schweiz – verglichen. Historiker, Archäologen und Kunsthistoriker aus Deutschland, der Schweiz, den Niederlanden, Frankreich und Großbritannien diskutierten über Unterschiede und Parallelen.

Sektion 1 der Tagung thematisierte die Übergangszeit der Spätantike zum Mittelalter. Diskutiert wurden unter anderem die Terminologie des Burgenbegriffs, der Wandel in der Nutzung von Burgenanlagen sowie der Zusammenhang zwischen Vorgänger- und Nachfolgebauten.

Sektion 2 befasste sich mit dem eigentlichen Beginn der Hochzeit des mittelalterlichen Burgenbaus im 11. Jahrhundert. Es wurde dabei vor allem darauf eingegangen, wer Burgen bauen ließ und zu welchem Zweck.

Sektion 3 verdeutlichte anhand vielgestaltiger Beispiele die Rolle von Burgen als Macht- und Wirtschaftsfaktor in Gesellschaft und Reich.

In Sektion 4 beschäftigte sich die Tagung mit Aspekten der Burgenarchitektur. Die Spannbreite der besprochenen Themen reichte vom Einfluss der Kreuzfahrerburgen auf die europäische Burgenarchitektur bis zur heutigen Denkmalpflege von Burgen.

In Sektion 5 schließlich wurde der Versuch unternommen, Burgen zu typologisieren, und aus ihrer Ausgestaltung die Funktionen der Anlage zu determinieren. Diskutiert wurde zudem die Frage, wie groß die tatsächliche militärische Bedeutung von Burgen war.

Das internationale und interdisziplinäre Kolloquium bot die Gelegenheit, die bisherigen Erkenntnisse der Burgenforschung im Breisgau einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren und sie gleichsam zur Diskussion zu stellen. Der Vergleich mit den Ergebnissen der Burgenforschung anderer historischer Landschaften sowie die lebhafte Diskussion förderten neue Forschungsansätze und –perspektiven zu Tage, die für den Fortgang der Burgenforschung als bedeutsam gelten dürfen.

Fördermaßnahmen

Die Stiftung unterstützt das Projekt seit 1991 durch die Gewährung von Fördermitteln in Höhe von insgesamt rund 430.000 Euro zur Übernahme von Personal-, Sach- und Druckkosten.

Organisation

Projektleitung:
Prof. Dr. Thomas Zotz
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br., Historisches Seminar, Abteilung Landesgeschichte


Prof. Dr. Alfons Zettler
Universität Dortmund, Historisches Institut

Publikationen

Die Inventarisierung der Burgen des nördlichen Breisgaus ist bereits mit der Publikation eines zweibändigen Lexikons abgeschlossen worden:

Thomas Zotz/Alfons Zettler (Hg.), Die Burgen im mittelalterlichen Breisgau. I. Nördlicher Teil, Halbband A - K, Ostfildern 2003 (= Archäologie und Geschichte. Freiburger Forschungen zum ersten Jahrtausend in Südwestdeutschland, Bd. 14)

Thomas Zotz/Alfons Zettler (Hg.), Die Burgen im mittelalterlichen Breisgau. I. Nördlicher Teil, Halbband L -Z, Ostfildern 2006 (= Archäologie und Geschichte. Freiburger Forschungen zum ersten Jahrtausend in Südwestdeutschland, Bd. 15)

In einem wiederum von der Stiftung geförderten Projekt wurde der Fokus anschließend auf den südlichen Breisgau gelegt. Mit den zu bearbeitenden 104 Ortschaften hat der südliche Breisgau numerisch einen größeren Untersuchungsumfang als der nördliche Breisgau, für den 91 Ortsartikel in das Lexikon aufgenommen wurden. An den ersten beiden Teilbänden zum nördliche Breisgau hatten jeweils zwischen 15 und 17 Autoren mitgewirkt. Am mittlerweile erschienenen dritten, abermals von der Stiftung unterstützten Teilband, der sich mit dem südlichen Teil des Breisgaus befasst, waren es derer 30.

Thomas Zotz/Alfons Zettler (Hg.), Die Burgen im mittelalterlichen Breisgau. II. Südlicher Teil, Halbband A -K, Ostfildern 2009 (= Archäologie und Geschichte. Freiburger Forschungen zum ersten Jahrtausend in Südwestdeutschland, Bd. 16)

Ein vierter Band ist in Arbeit.

Das Projekt im Film

Dieses Forschungsvorhaben ist Teil von L.I.S.A.video, dem auf L.I.S.A - Das Wissenschaftsportal der Gerda Henkel Stiftung verankerten Filmprojekt. Insgesamt acht Teams von Wissenschaftlern, die in einem von der Stiftung geförderten Projekt tätig sind, haben ihre Forschungsarbeiten gefilmt. Diese „Filmtagebücher“ wurden professionell verarbeitet und sind in zehn dreiminütigen Episoden im Portal veröffentlicht worden.

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40 Jahre - 40 Projekte

Dieses Projekt war Teil der Jubiläumssseite zum 40-jährigen Bestehen der Gerda Henkel Stiftung.

Dieses Projekt wurde zuletzt 2009 dokumentiert.