Revitalising, Documenting and Teaching Ancestral Vessel Construction in Taumako (Solomon Islands) and the Massim (Papua New Guinea)

Traditioneller Schiffbau in Taumako (Salomonen) und dem Massim (Papua-Neuguinea). Wiederbelebung, Dokumentation und Wissensweitergabe

(übersetzter Projekttitel)

Die Inselwelt des Pazifischen Ozeans umfasst Schätzungen zufolge mehr als 20.000 Inseln. Als im 16. Jahrhundert erste europäische Expeditionen in diesen Raum vorstießen, fanden sie selbst auf den abgelegensten Inselgruppen Bewohner vor. Aber wie ist es den Menschen hier gelungen, ohne die Verwendung von Eisen, von Seekarten und anderen nautischen Hilfsmitteln die pazifische Inselwelt nicht nur zu besiedeln, sondern regelmäßige Verbindungen, Handelsnetze und Verwandtschaftsbeziehungen zwischen den weit auseinander liegenden Inselgruppen aufrecht zu erhalten? Der Schlüssel liegt in althergebrachten Schiffbautechniken und den damit einhergehenden Navigationsfähigkeiten – Wissen, das im Zuge der westlichen Erforschung und Kolonisierung des Pazifiks systematisch abgewertet und marginalisiert wurde und dessen Überlieferung heute nur noch an wenigen Orten lebendig ist.

Ein Vaka, ein hochseefähiges Segelboot, aus Taumako

Dieses bedrohte Wissen zu reaktivieren und die kontinuierliche Weitergabe an die jüngeren Generationen der Inselgemeinschaften sicherzustellen, ist das Ziel des Vorhabens von Dr. Marianne George. Die Kulturanthropologin und Seglerin widmet sich seit langem der Erforschung der pazifischen Seefahrerkulturen und steht mit verschiedenen lokalen Initiativen im Kontakt, die sich dem Wiederaufleben der alten Traditionen verschrieben haben. Im Rahmen des Projekts werden an zwei Standorten – auf der zu den Salomonen gehörenden Insel Taumako und in der Massim-Region in Papua-Neuguinea – neue Schiffe nach altem Brauch gebaut. Dabei liegt ein besonderer Schwerpunkt auf der Entwicklung von Ausbildungsprogrammen, bei denen die älteren Inselbewohner die jüngeren anleiten, sowie auf der begleitenden Dokumentation in Form von Video- und Audioaufnahmen.

In einem ersten Schritt errichten die lokalen Projektteams traditionelle Kanuhäuser, sogenannte hale vaka. Diese stellen die notwendige Infrastruktur für den Schiffbau dar, schützen die Schiffe vor Verwitterung und dienen den Inselbewohnern als soziale Treffpunkte. Erst nach ihrer Fertigstellung erfolgt der Bau der Schiffe, wobei es sich um Auslegerkanus des westpolynesischen Proa-Typs handelt. Sie sind so konstruiert, dass der Mast vom einen zum anderen Ende des Hauptrumpfes gezogen werden kann, was schnelles Wenden ermöglicht. Für ihre Herstellung werden fast ausschließlich solche Materialien genutzt, die auf den Inseln lokal zur Verfügung stehen. 

Der Schiffbau ist eingebettet in einen umfassenden gemeinschaftsstiftenden Prozess, zu dem die Essensversorgung der Arbeiter, aber auch begleitende Feste und Rituale gehören und der für die Identität der Inselbewohner und die Stärkung der intergenerationellen Bande von zentraler Bedeutung ist. Die Wiederbelebung der Kulturtechniken ihrer Vorfahren eröffnet für die äußerst abgelegenen Inselgemeinden neue Perspektiven. Denn der Rückgriff auf die alten Seefahrertraditionen kann in Gegenden, die nur sehr sporadisch von Frachtschiffen angelaufen werden, dabei helfen, die Abhängigkeit von moderner Schiffstechnik und teurem Treibstoff zu reduzieren und an die früheren interinsularen Austauschbeziehungen anzuknüpfen. Darüber hinaus sollen Schulungen zur Videodokumentation und ‑archivierung sowie die Bereitstellung der notwendigen Ausrüstung die Inselgemeinschaften dabei unterstützen, neue Formen der langfristigen Wissensweitergabe zu etablieren.

Projektleitung

Dr. Marianne George

Institution

Pacific Traditions Society, Anahola (Hawaii, USA)

Förderung

Die Gerda Henkel Stiftung unterstützt das Vorhaben durch die Übernahme von Personal-, Reise- und Sachkosten.

Das Projekt wurde im Frühjahr 2024 dokumentiert.