Die Forschungsgruppe um Dr. Natalia Moragas und Dr. Alessandra Pecci fragt nun nach dem Alltag in der verlorenen, aufgegebenen Stadt: Wie lebte es sich in der größten Stadt auf dem amerikanischen Kontinent nach ihrem Zusammenbruch? Wieso verblieben einige Familien in einer beinahe ausgestorbenen Stadt, wie überlebten sie? Wie schlossen neue Gruppe wie die Tolteken oder Azteken an kulturelle Errungenschaften an? Wie interagierten die verschiedenen Gruppen miteinander?
Teotihuacán ist eine Schlüsselkomponente im Verständnis von Entstehung und Wachstum multikultureller urbaner Gesellschaften und Staatsbildung. Der Zusammenbruch der Stadt ist eines der wichtigsten Ereignisse in der mesoamerikanischen Archäologie, da er einen kulturellen und soziopolitischen Wandel in diesem Gebiet markiert. Dementsprechend detailliert wurden die Stadt und ihre kulturelle Bedeutung ebenso wie ihre Geschichte erforscht. Anstatt nach Gründen für die große Krise zu suchen, die diese Kultur heimgesucht hat, konzentriert sich dieses Forschungsvorhaben auf die Zeit, als der Prozess des Zusammenbruchs vollständig abgeschlossen und die Stadt in der Erinnerung der indigenen Gesellschaft "verloren" war, um dann aber von ihren neuen Siedlern und Siedlerinnen in einem ganz anderen soziokulturellen und wirtschaftlichen System und Kontext neu gestaltet zu werden. Mittels Primär- und Sekundärliteratur, Feldforschung, Datenerhebung sowie -verarbeitung will die Forschungsgruppe um Dr. Moragas und Dr. Pecci unter Hinzuziehung von archäologischen Sammlungen und ethnohistorischen Quellen diese Forschungslücke schließen. Ziel ist die Entwicklung eines GIS-Modells, das eine fotogrammetrische Darstellung der ausgewählten Gebiete sowie ausgewählter Szenarien des Lebens in Teotihuacán in der postklassischen Zeit ermöglicht. Am Ende des Projekts soll die visuelle Aufbereitung der Forschungsergebnisse einem breiten Publikum zur Verfügung stehen.