Keine zehn Kilometer vom Tyrrhenischen Meer entfernt am rechten Ufer des Flusses Fiora auf einem erhöhten Plateau liegt Vulci – eine der zwölf Städte des etruskischen Bundes und in vorrömischer Zeit eines der wichtigsten urbanen Zentren der italischen Halbinsel. Die Nekropolen der Stadt legen seit ihrer ersten Ausgrabung 1828 reiches Zeugnis über ihre historische, politische sowie ökonomische Bedeutung ab und zeichnen das Bild einer Stadt im Zentrum weitreichender mediterraner Netzwerke.
Seit 2020 untersuchen die Archäologen Dr. Mariachiara Franceschini und Dr. Paul Pasieka in ihrem Projekt „Vulci Cityscape“ die Stadt in einer größeren Fläche und gehen dabei über die Grenzen der Nekropole und Oberflächenfunde hinaus. Aus den Besiedlungsspuren, die bis in die Anfangszeit der Stadt zurückreichen, sollten so wertvolle Informationen über den Urbanisierungsprozess und die verschiedenen Etappen der Stadtentwicklung gewonnen werden. Bei der geomagnetischen Prospektion und der Untersuchung des Bodens mit einem sogenannten Bodenradar stießen die Archäologen nördlich des decumanus, der Hauptstraße der Stadt, auf einen monumentalen Tempel. Der Neufund war mit circa 40 × 27 Metern fast genauso groß wie der in den 1950ern entdeckte tempio grande, von dem man bislang angenommen hatte, er sei der Haupttempel der Stadt gewesen. Eine etruskische Stadt mit zwei Haupttempeln wäre ein bemerkenswerter Befund. Aber mehr noch: Auch ein weiteres, 22 × 13 Meter messendes Gebäude wurde entdeckt, das ebenfalls öffentlichen, gegebenenfalls kultischen Handlungen vorbehalten war. Vulci, so die bisherigen Ergebnisse, verfügte offenbar über ein regelrechtes Sakralquartier.