Dynastic Legitimacy and Ruler Representation in Hellenistic Royal Metropoleis: A Comparative Study of the Seleukid and Ptolemaic „Policy of Images“

Herrscherrepräsentation in den hellenistischen Metropolen. Ein Vergleich der „Bildpolitik“ von Seleukiden und Ptolemäern

Ägyptische Tetradrachme, Alexandria, Silber. Vorderseite: Ptolemaios I. mit Diadem. Inschrift Rückseite: ΠΤΟΛΕΜΑΙΟΥ ΒΑΣΙΛΕΩΣ
Seleukidische Tetradrachme, Silber. Vorderseite: Seleukos I. mit Diadem und Stierhörnern. Rückseite: Sitzender Apollo mit Bogen

(übersetzter Projekttitel)

Triumphierender Feldherr in der Nachfolge Alexander des Großen oder Symbol dekadenter Verschwendungssucht, altägyptische Gottheit oder Schutzherr der jüdischen Gemeinde – die Könige und Königinnen hellenistischer Zeit (322–30 v. Chr.) erscheinen je nachdem, welche Quelle man heranzieht, in sehr unterschiedlichem, ja gegensätzlichem Gewand. Das Spektrum ihrer Selbstdarstellung und der zeitgenössischen Zuschreibungen ist ausgesprochen breit. Die aus der Erbmasse von Alexanders Eroberungen hervorgegangenen Monarchien bewiesen eine erstaunliche Flexibilität bei der Anverwandlung ganz verschiedener Bräuche und Repräsentationsformen zum Zwecke der Herstellung dynastischer Legitimität. Damit reagierten die Herrscher griechisch-makedonischer Herkunft auf die sehr heterogenen Erwartungen ihrer Untertanen und die vielschichtigen Akkulturationsprozesse, die sich zwischen den griechischen Eliten und den Kulturen des Alten Orients und Ägyptens ergaben.

Doch wie genau korrespondierte die herrscherliche Selbststilisierung mit den Vorstellungswelten der einzelnen Untertanengruppen? Darüber ist trotz intensiver Forschung zu den hellenistischen Königreichen immer noch wenig bekannt. Hier setzt das Vorhaben der Althistoriker Prof. Dr. Eva Anagnostou-Laoutides und Prof. Dr. Stefan Pfeiffer an. Durch den umfassenden Vergleich der Königsdarstellungen der beiden wichtigsten hellenistischen Dynastien, der Seleukiden und der Ptolemäer, möchte die internationale Forschungsgruppe herausfinden, wie die einzelnen Herrscherbilder entstanden sind und über welche kulturellen Kanäle sie sich verbreiteten. 

Büste von Seleukos I. im Museo Archeologico Nazionale, Neapel
Büste von Ptolemaios I. im Louvre

Dabei liegt der Fokus der Untersuchung auf den jeweiligen Hauptstädten der beiden Reiche: Sowohl die seleukidischen Residenzen Seleukia am Tigris und Antiochia am Orontes, als auch Alexandria, die Metropole des Ptolemäerreiches, wurden von den Königen gezielt als Zentren ihrer Repräsentation und Prachtentfaltung konzipiert. In der Einwohnerstruktur der Metropolen spiegelte sich die multiethnische Zusammensetzung der Königreiche, weshalb sich anhand der Hauptstädte Prozesse der „Übersetzung“ von lokalen Traditionen gut beobachten lassen. Die Seleukiden etwa bezogen sich immer wieder auf die babylonische Mythologie, deuteten diese aber in einer Weise, die auch für die griechischen Siedler und andere Untertanengruppen verständlich war. Am Königshof in Alexandria inszenierten sich Ptolemaios II. und seine Schwestergemahlin Arsinoe II. wahlweise als die Geschwister Zeus und Hera oder Osiris und Isis, womit sie in der Tradition der Pharaonen den göttlichen Charakter ihrer Herrschaft unterstrichen. In beiden Reichen bestanden komplexe Wechselbeziehungen zwischen dem Herrscherhaus und der hauptstädtischen Bevölkerung, die für die Akzeptanz der dynastischen Thronfolge von großer Bedeutung waren. Die Analyse der seleukidischen und ptolemäischen Bildpolitik vermag auf diese Weise einen Beitrag zum besseren Verständnis der spezifischen Herausforderungen hellenistischer Herrschaft zu leisten.

Als einschlägige Quellen dienen dem Forscherteam neben der historiographischen Überlieferung Inschriften, Münzen, Papyri und archäologische Funde. Geplant ist unter anderem die genaue Inaugenscheinnahme neuerer archäologischer Ergebnisse aus Seleukia und Alexandria. Die Einbeziehung aller verfügbaren materiellen Zeugnisse ist zentral, um die in der Textüberlieferung vorherrschende gräkozentrische Perspektive auszutarieren. Die Forschungsergebnisse werden in einer gemeinsamen Monographie beider Projektbeteiligten sowie weiteren Publikationen veröffentlicht. Darüber hinaus soll eine sechsteilige Podcast-Reihe zu den hellenistischen Hauptstädten entstehen, die an eine interessierte Öffentlichkeit gerichtet ist.

Das Apollonheiligtum von Daphne, vor den Toren von Antiochia gelegen, war wichtiger Bestandteil der seleukidischen Herrscherrepräsentation. Handkolorierter Kupferstich nach Abraham Ortelius, Antwerpen, 1595.

Projektleitung

Prof. Dr. Eva Anagnostou-Laoutides
Prof. Dr. Stefan Pfeiffer

Institutionen

Macquaire University, Sydney
Martin-Luther-Universität, Halle-Wittenberg

Förderung

Die Gerda Henkel Stiftung unterstützt das Vorhaben durch die Gewährung von zwei Forschungsstipendien sowie die Übernahme von Personal-, Reise- und Sachkosten.

 

Das Projekt wurde im Frühjahr 2024 dokumentiert.