Diesen widmet sich die Forschungsgruppe um Prof. Dr. Ernst Pernicka am Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie in Mannheim, mit Diplom-Physiker Moritz Numrich als Junior Researcher. Unklar ist zum Beispiel, ob die Objekte vor Ort hergestellt und ob und in welchem Umfang Gold legiert und gereinigt wurde. Zuweilen werden Authentizität und Datierung der Objekte bezweifelt. Nicht zuletzt ist die Herkunft des Goldes selbst ein nach wie vor ungelöstes Rätsel der mykenischen Archäologie und Metallurgie: Da es in der südlichen Ägäis keine Goldvorkommen gab, musste das Gold importiert werden, entweder in Form von Barren oder als fertige Kunstobjekte. Eine naheliegende Wahl als Abbaugebiet des Goldes stellte der Balkan dar, beispielsweise die am Berg Ada Tepe bei Krumovgrad in Südbulgarien gelegene, einzige bekannte prähistorische Goldmine in Europa. Weitere archäologische Quellen weisen auf Nordgriechenland, Westanatolien, Ägypten oder den Sudan als mögliche Ursprungsgebiete des Goldes hin.
Professor Pernicka wird mit seinem Team Analysen der Haupt-, Neben- und Spurenelemente an einer repräsentativen Auswahl von etwa 150 mykenischen und zeitgenössischen Goldartefakten, die mit der mykenischen Kultur in Zusammenhang stehen, durchführen. So sollen Fragen zur Klassifikation des Materials, zur Herkunft und damit zu etwaigen Handelsrouten sowie zu möglichen Reinigungsprozessen des in der Bronzezeit verwendeten Goldes beantwortet werden. Ziel ist es darüber hinaus, anhand dieser über einen Zeitraum von zwei Jahren geführten Analysen die Anzahl der an der Herstellung der Objekte beteiligten Werkstätten zu ermitteln.
Ein Transport dieser Objekte in ein Labor, wo sie naturwissenschaftlich im Hinblick auf ihre Zusammensetzung analysiert werden könnten, ist aus politischen oder versicherungstechnischen Gründen in der Regel nicht gestattet. Bisher erforderten wissenschaftliche Untersuchungen, die die Analyse der im Gold enthaltenen Spurenelemente einschloss, die inzwischen inakzeptable makroskopische Entnahme von Probenmaterial. Von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich wurde deshalb ein innovatives Verfahren zur minimalinvasiven Beprobung von Goldobjekten entwickelt, das weltweit mobil einsetzbar ist. Im Rahmen dieser neuartigen Methode wird ein portables Laserablationsgerät eingesetzt, mit dem so wenig Material – in der Größenordnung von Millionstel Gramm – von den Objekten entnommen wird, dass die beprobte Stelle mit dem bloßen Auge nicht wahrgenommen werden kann. Dieses System wurde bereits bei der Untersuchung archäologischer Goldobjekte unterschiedlicher Zeitstellung erfolgreich erprobt. In Zusammenarbeit mit Expertinnen und Experten der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und des Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie in Mannheim soll dieses Verfahren nun im Archäologischen Nationalmuseum in Athen und zahlreichen weiteren europäischen Museen zum Einsatz kommen.
Die Fragen nach Authentizität, Verbreitung und Herkunft des Goldes sind von hoher Relevanz für das Verständnis der mykenischen Kultur und der Edelmetallmetallurgie in der Spätbronzezeit. Die Ergebnisse der Forschungsgruppe sollen in mehreren Publikationen, unter anderem im Journal of Archaeological Science, veröffentlicht und in internationalen Workshops diskutiert werden.